Ich habe Durchblick 8

Warum brauchen wir eine sozialistische Jugendbewegung

Bildungvortrag von Gabi Fechtner und Stefan Engel zum 21. Internationalen Pfingstjugendtreffen 2024 am 19. Mai 2024

Die „Durchblick-Reihe“ befasst sich mit grundsätzlichen Fragen der marxistisch-leninistischen Theorie. Sie wendet sich vor allem an die Jugend und Einsteiger in die Materie.

.

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 21. Internationalen Pfingstjugendtreffens, liebe Jugendliche, liebe Rebellinnen und Rebellen,

die Menschheit befindet sich in einer latenten Existenzkrise! Es ist schon gute Tradition, dass wir den Sonntagvormittag auf dem Pfingstjugendtreffen nutzen und uns die Zeit nehmen, hinter die Kulissen zu schauen und den Dingen auf den Grund zu gehen.

Die heutige Veranstaltung hat den Titel: „Warum die Jugendbewegung gegen Umweltkatastrophe, Krieg und Faschismus sozialistisch sein muss“. Tja, warum eigentlich sozialistisch? Ich fange mal anders herum an: Was passiert,wenn sie nicht sozialistisch wäre? Man könnte den Sozialismus doch vielleicht auch besser raushalten! Man hätte jedenfalls weniger Scherereien, nicht so viele Sorgen mit dem Antikommunismus ...

Oder man könnte sagen: Wenn es so dramatische Probleme wie eine Umweltkatastrophe, akute Weltkriegsgefahr und eine zunehmende Tendenz zu Faschismus gibt, dann kümmern wir uns erst mal um diese brennenden Fragen und später dann um den Sozialismus – nach dem Motto „eins nach dem anderen ...“

Im Moment ist Europawahlkampf; bei diesen Wahlen können alle ab 16 Jahren wählen. Obwohl alle 35 Parteien in derselben Wirklichkeit leben, sind wir die einzige, die die Zukunft der Jugend im echten Sozialismus sieht. Alle anderen versprechen, vorhandene Probleme auf nicht-sozialistischem Weg lösen zu können. Millionen Jugendliche demonstrieren seit sechs Jahren mit Fridays for Future. Die Arbeiterjugend beteiligt sich aktiv an oft offensiv geführten gewerkschaftlichen Streiks. Vor allem in den USA, aber auch in Australien, Deutschland, Österreich, Großbritannien besetzen Studierende Unis, um gegen den Völkermord Israels an den Palästinensern zu demonstrieren. Mit über 5 Millionen demonstrierten in Deutschland seit Anfang des Jahres so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr gegen die AfD, Rechtsentwicklung und Faschismus.

Doch das Vorhaben, die größten Menschheitsprobleme in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt lösen zu wollen, ist noch kein Mainstream. Das muss aber zu einer massenhaften Strömung besonders unter der Jugend werden!

Für die internationale sozialistische Revolution ist die Führung der Arbeiterklasse nötig und die große Masse der Jugend als praktische Avantgarde der Revolution. Alle revolutionären Gärungsprozesse der letzten Jahrzehnte hatten eine wichtige Seite in der Massenaktivität der Jugend – wie im „Arabischen Frühling“, in den Volksaufständen im Iran oder auch der Massenbewegungen zu „Black Lives Matter“.

Eine sozialistische Revolution ist nötig, weil alle diese Zukunftsfragen der Jugend nicht im Kapitalismus gelöst werden können. Denn all diese Probleme haben einen gemeinsamen Nenner: Sie sind systemimmanent, also gesetzmäßig.

Als Dialektiker unterscheiden wir zwischen Erscheinung und Wesen, Zufall und Gesetzmäßigkeit. Denn wir wissen, dass alles in der Welt nach dialektischen Bewegungsgesetzen funktioniert. Auch das ist nicht selbstverständlich in dieser Gesellschaft. So behauptete der Wirtschaftsjournalist Klaus Peter Weinert: In der Gesellschaft „werden keine Gesetze entdeckt, sondern (von Menschen) aufgestellt.1

Als hätte er das vor Augen gehabt, erklärte Stalin zu dieser Frage: Diese Leute „verwechseln ... die Gesetze der Wissenschaft ... mit den Gesetzen, die von Regierungen erlassen, nach dem Willen der Menschen erschaffen werden ... Der Marxismus fasst die Gesetze der Wissenschaft – ganz gleich, ob es sich um Gesetze der Naturwissenschaft oder um Gesetze der politischen Ökonomie handelt – als die Widerspiegelung objektiver, unabhängig vom Willen der Menschen vor sich gehender Prozesse auf. Die Menschen können diese Gesetze entdecken, sie erkennen, sie erforschen, sie in ihrem Handeln berücksichtigen, sie im Interesse der Gesellschaft ausnutzen, aber sie können diese Gesetze nicht verändern oder aufheben.“2

Ein kleines Beispiel. Wenn ich einen Ball loslasse, wird er zu Boden fallen. Warum ist das so? Er fällt zu Boden, weil es die Gesetzmäßigkeit der Erdanziehungskraft, die Schwerkraft der Erde gibt, die dazu führt, dass der Ball zu Boden fällt. Wenn hier jemand jetzt den Ball fängt, den ich ihm zuwerfe oder damit Fußball spielt – was macht er? Hat er die Schwerkraft außer Kraft gesetzt, gibt es dann die Schwerkraft nicht mehr? Doch, die Schwerkraft gibt es weiterhin, aber er hat dem ein stärkeres Gesetz entgegengesetzt, mit seiner Muskelkraft, mit seiner Fähigkeit mit dem Ball umzugehen. Er hat sich das Gesetz zunutze gemacht, hat verstanden wie es funktioniert und kann dadurch mit dem Ball richtig umgehen. Das müssen wir bei Gesetzen machen – wir müssen sie verstehen.

Gesetzmäßigkeiten können wir also nicht außer Kraft setzen, aber wir können damit arbeiten. Gesetzmäßigkeiten gibt es in der Natur, in der Gesellschaft und solche im Kampf um die Denkweise. Aber wenn Gesetzmäßigkeiten unabhängig vom Willen der Menschen ablaufen, haben dann also diejenigen recht, die sagen - und das hört man relativ oft: „Da können wir eh nichts dran ändern“. Was sollen wir dann noch tun, müssen wir uns dem hingeben?

Nein, denn ich kann einer Gesetzmäßigkeit auch eine andere, stärkere Kraft entgegensetzen. In einer neuen Gesellschaftsordnung treten auch neue Gesetzmäßigkeiten in Kraft.

Wir schauen uns also jetzt an, welche Gesetzmäßigkeiten unseren drei großen Menschheitsproblemen im Kapitalismus zugrunde liegen. Mit dem Ziel, sie zu erforschen und im Interesse der Gesellschaft auszunutzen, um ihnen eine stärkere Kraft, andere Gesetze entgegenzusetzen.

Sie wurde zu einer Gesetzmäßigkeit des imperialistischen Weltsystems.

Das ist die auf wissenschaftlichen Analysen begründete These unseres gleichnamigen Buches „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“

Es gibt aber auch hierzu andere Positionen. Die Grüne Jugend fordert: „Höchste Zeit, den Wandel einzuleiten! Wir fordern gute Jobs in sauberen Branchen, eine echte Mobilitätswende und die strikte Einhaltung des 1,5-Grad-Pfads! Nur so kann das Klima – und damit unsere Zukunft – gerettet werden.“3

Kann es im Imperialismus eine „echte“ Wende oder Wandel geben, um unsere Zukunft zu retten? Die meisten hier werden das sicherlich ablehnen. Und trotzdem sind Illusionen in den Kapitalismus der Hauptgrund, dass viele Jugendliche Kampf und Organisierung noch nicht aufgenommen haben.

Zu Recht kritisieren wir Unverbindlichkeit oder Unentschlossenheit, sich zu entscheiden, zum Beispiel im REBELL mitzumachen oder organisiert das Leben auszurichten auf die Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung.

In letzter Instanz liegt dem die Überzeugtheit zugrunde, die Denken, Fühlen und Handeln bestimmt. Ist die Einsicht in die Notwendigkeit da, dass tatsächlich dieses System revolutionär überwunden werden muss und uns nichts daran bindet? Umgekehrt verhindern Unverbindlichkeit, Chaos oder Selbstbeschäftigung im Leben, solche klaren Gedanken zu fassen. Das System der kleinbürgerlichen Denkweise ist besonders darauf ausgerichtet, unter der Jugend die kleinbürgerliche Denkweise massenhaft zu verbreiten, damit sie sich nicht dem Kampf um den Sozialismus anschließt. Die bürgerliche Politik ist vor allem darauf erpicht, den Kapitalismus noch als das beste aller Systeme darzustellen, der eben reformiert werden müsse.

Schauen wir uns dessen Entwicklung genauer an: Mit dem Kapitalismus entwickelte sich zunächst die bisher höchste Stufe der Einheit von Mensch und Natur. Das war möglich durch die moderne Naturwissenschaft und die industrielle Produktion. Alles was der Mensch braucht, wird durch Arbeit und Naturstoffe errungen. Zugleich entwickelte sich mit dem Kapitalismus auch von Beginn an eine Tendenz, durch Zerstörung der natürlichen Umwelt, die Einheit von Mensch und Natur zu untergraben. Dass das zu einer globalen Umweltkatastrophe werden kann, hat schon Willi Dickhut in seiner theoretischen Arbeit erkannt und in den 1980er-Jahren vorhergesagt. Und tatsächlich, seit Beginn der 1990er-Jahre wurde mit der Neuorganisation der internationalen Produktion die Umweltkrise gesetzmäßig im Kapitalismus. Das heißt also, dass dieser Kapitalismus ohne Zerstörung der natürlichen Umwelt nicht mehr existieren kann.

Um dieses Problem zu untersuchen, müssen wir verstehen, worin grundlegend der unlösbare Widerspruch des Kapitalismus besteht: „Zwischen dem schrankenlosen Streben nach Erweiterung der Produktion, das dem Kapitalismus eigen ist, und der beschränkten Konsumtion der Volksmassen (beschränkt infolge ihres proletarischen Daseins) besteht zweifellos ein Widerspruch. Dieser Widerspruch liegt begründet in dem Hauptwiderspruch, dem Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem kapitalistischen Charakter der Aneignung.“4

Im Jahr 2022 hatte der Welthandel etwa einen Umfang von 32 Billionen US-Dollar (lt. Schätzung UNCTAD)5; das Bilanzkapital der 500 größten Übermonopole lag dagegen bei 160 Billionen US-Dollar und wächst Jahr um Jahr.

handel.jpg

Quelle: https://multipolar-magazin.de/artikel/dollar-10-prozent-an-wert-verlieren, aufgerufen am 16. 7. 24

Das Kapital wächst um Vielfaches schneller als die Realisierung der Werte auf dem immer engeren Weltmarkt, um den immer mehr imperialistische Länder buhlen. Das hat inzwischen eine chronische Überakkumulation des Kapitals hervorgebracht. Das bedeutet, das Kapital kann aus Sicht der Kapitalisten nicht mehr befriedigend, also so dass es neue Maximalprofite hervorbringt, angelegt werden.

Bei Strafe seines Untergangs muss also jedes imperialistische Land und jedes Monopol die Ausbeutung von Mensch und Natur so steigern, Märkte und Einflusssphären erobern, dass es im zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf nicht nur mithalten, sondern letztlich die Konkurrenz vernichten kann. Zu einem Ventil dieser Überakkumulation des Kapitals für die Imperialisten wurde die Überausbeutung der menschlichen Arbeitskraft und der Natur als Quellen des Reichtums. Damit wurde die rücksichtslose Ausbeutung der Naturressourcen auf einem Niveau der systematischen und allseitigen Zerstörung der lebensnotwendigen Einheit von Mensch und Natur zu einem ökonomischen Zwang.

Die Kapitalisten suchen ständig nach neuen Möglichkeiten. Jetzt haben sie den Meeresgrund als neues Feld der Ausbeutung der Natur gefunden. Bislang haben sie davon noch die Finger gelassen, jetzt fangen sie an sich zu streiten und Kriege zu führen, wer Rohstoffe in der Tiefsee fördern kann. Oder sie diskutieren, wer im Weltall führenden Einfluss hat, Rohstoffe fördern kann oder die Satelliten im All beherrscht.

Umweltschutz gibt es im Imperialismus nur, wenn damit die Weltmarktstellung ausgebaut werden kann oder als Zugeständnis, wenn in einzelnen Fragen die Arbeiter- und Massenbewegung durch aktiven Widerstand Erfolge erkämpft. Die Lebenslüge, dass man kapitalistische Ökonomie mit Umweltschutz in Übereinstimmung bringen könnte, ist ein riesiger Betrug. Im Gegenteil, es ist gerade so, dass die kapitalistische Ökonomie dazu führt, dass die Umwelt ausgebeutet wird!

Ein Beispiel dazu: Die Steinkohlezechen in Deutschland wurden geschlossen, wozu die Bundesregierung erklärte: „Das Ende der Stromgewinnung durch Verbrennung von Kohle wird Deutschlands Anteil am CO2-Ausstoß erheblich reduzieren.“6 Sie haben also den Leuten erzählt, wir müssen die Zechen schließen und die Bergleute entlassen, weil wir die Umwelt schützen wollen. Oh, wie umweltbewusst! Mancher dachte, das sei positiv und ein umweltpolitisch nötiger Schritt – aber die Bergleute haben es damals schon durchschaut. Sie sind zum Kohlekraftwerk nach Datteln demonstriert und haben gefragt, warum dann die Kohlekraftwerke weiterlaufen. Da stimmte doch was nicht.

Aber was passierte dann? Statt die Energieversorgung in aller Konsequenz auf erneuerbare Energien umzustellen, wurden Kohlekraftwerke in Deutschland mit Kohle zum Beispiel aus Kolumbien, Russland oder der Türkei befeuert. Zu welchen Bedingungen wird dort aber die Kohle gefördert?

Nicht unter so sicheren Bedingungen, wie es in Deutschland erkämpft wurde, sondern sogar mit besonders extrem umweltschädlichen Methoden, mit Tagebau wie in Kolumbien, wo ganze Berge abgetragen werden, riesige Landschaften zerstört werden. Die Monopole haben das betrieben und hatten Interesse daran, die Kohle günstig zu holen. Aber auch die bürgerlichen Politiker als Dienstleister dieser Monopole haben hier interveniert und so telefonierte Kanzler Scholz vorletztes Jahr persönlich mit dem ultrareaktionären Präsidenten Ivan Duque und „orderte“ Kohle aus dem Bergwerk El Cerrejon. Deutschland brauche sie für die deutschen Kraftwerke, um weiter die Kohleverbrennung für die maximalprofitbringende Produktion auszunutzen.

El Cerrejon ist die größten Steinkohlezeche der Welt und im Besitz des globalen Rohstoffmultis Glencore aus der Schweiz. Seine Belegschaft hat Geschichte gemacht, als sie in dem bedeutenden Streik 2015 als erste Steinkohlebelegschaft für Umweltschutz und Arbeitsplätze kämpfte. Das griff kurz darauf die 1. Internationale Bergarbeiterkonferenz in Arequipa, Peru, wegweisend auf. Die Kohle wird fast komplett exportiert, auch nach Deutschland, zum Steinkohlekraftwerk Datteln.

Mehrfach wurde diese Zeche von kolumbianischen Gerichten für Umweltvergehen verurteilt, die Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt der Vereinten Nationen empfahl die Schließung der Mine. Die linke Petro-Regierung wollte die Förderung herunterfahren.

Stattdessen wird unter anderem mit der Erhöhung der Exporte nach Deutschland, die Bundeskanzler Scholz in einem Krisengespräch angefordert hatte, diese Überausbeutung von Mensch und Natur weiter verschärft und ausgebaut. So viel zu dem angeblich so umweltfreundlichen Kurs unserer Regierung. Nicht zufällig sind die in den G20 zusammengeschlossenen stärksten imperialistischen Länder mit 81 Prozent die größten Verursacher der globalen CO2-Emissionen.

Heute ist ein weiterer qualitativer Sprung eingetreten: Die globale Umweltkatastrophe ist zu einer Gesetzmäßigkeit des imperialistischen Weltsystems geworden und setzt zur Rettung der Menschheit dessen revolutionäre Überwindung sowie den Aufbau des echten Sozialismus auf die Tagesordnung. Die dadurch in Gang gesetzten zerstörerischen und selbstzerstörerischen Prozesse entfalten eine verheerende Eigendynamik und beschleunigen den Umschlag in die globale Umweltkatastrophe zusätzlich.

Einmal gibt es das wie in Datteln, dass durch die Verbrennung von Kohle schädliche Gase ausgestoßen werden. Das sind Umweltverbrechen, die akut stattfinden. Aber es gibt inzwischen auch einen Selbstlauf, eine Eigendynamik, Wechselprozesse, die unkontrolliert ablaufen und die diesen Prozess noch anheizen.

Das ist beispielsweise beim Auftauen der Permafrostböden und beim Abschmelzen des Eisschildes an den Polen zu beobachten. Die globale Erwärmung hat das Abschmelzen des Polareises in Gang gebracht, was den kühlenden Albedo-Effekt abmildert – also die Rückstrahlkraft der Sonne. Je weniger Eis auf der Erde, umso weniger erhitzende Strahlung wird zurückgeschickt. Wenn man Eisflächen hat, werden 85 bis 90 Prozent der Sonneneinstrahlung vom Schnee reflektiert und gehen ins Weltall zurück. Wenn man das nicht hat, die Sonnenstrahlung direkt aufs Meer trifft, wird nur 10 Prozent reflektiert und der Rest bleibt in den Meeren und auf der Erde. Je größer also die Flächen sind, auf denen das Eis abgeschmolzen ist, um so größer ist dieser selbstbeschleunigende Effekt, der dadurch zusätzlich angeheizt wird. Deshalb sagen wir nicht, „Nordpol, Südpol, alles weit weg“ – sondern es ist ein Faktor, der auf die ganze Biosphäre und die Existenz der Menschheit zurückwirkt.

albedo.png

Quelle: www.eskp.de/klimawandel/sommerliches-minimum-meereis-arktis-935855, aufgerufen am 16. 7. 24

Es sind also Prozesse eingetreten, die nicht mehr rückgängig zu machen sind, sich gegenseitig beschleunigen und selbstzerstörerisch wirken. Niemand kann mal eben das Polareis wieder einfrieren. Oder anders gesagt, hier wirkt eine unerbittliche Gesetzmäßigkeit, die in Gang gesetzt wurde. Auch der Sozialismus kann nach heutigem Ermessen die Eisschmelze nicht stoppen. Aber: Die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus wurde notwendige Bedingung, um irreversible Prozesse zu verlangsamen und noch nicht irreversible zu stoppen und umzukehren.

Genau deshalb stellt die MLPD das Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs.

Genau deshalb stören sich auch die bürgerlichen Politiker, die Medien und Monopole so an diesem Buch. Sie haben, sogar bestätigt vom Bundesverfassungsgericht, versucht, dieses Buch antikommunistisch zu unterdrücken und zu zensieren.

Man muss aber auch sagen, dass dieses Buch nicht unterdrückt werden kann und schon voll in der Gesellschaft ist und viele Leute sich gerade jetzt bestärkt sehen, es weiter zu verbreiten.

Auf der Plattform Abgeordnetenwatch zur Europawahl werden reihenweise die Antworten der Kandidatinnen und Kandidaten der Internationalistischen Liste/ MLPD zensiert oder nicht freigeschaltet.

Die Nichtfreischaltung einer Antwort von mir wurde so begründet: „Ihre Aussage zu einer Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs bitten wir zu entfernen, da diese nicht den Fakten entspricht. Die Erhöhung der (deutschen) Verteidigungsausgaben ist eine Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine, Ihre Aussage suggeriert hingegen die Absicht der EU, einen Dritten Weltkrieg auszulösen.“ (Abgeordnetenwatch)

So einfach machen die das! Es ist eine Frechheit, ihre regierungstreue Ausrichtung zum allgemeinen Fakt zu erklären und dann zu sagen: „Andere Positionen dürfen hier nicht mehr verteten werden.“ Da soll man sich als Kandidat quasi nur noch als Regierungssprecher betätigen. Die dürfen nie ihre Meinung sagen, sondern kriegen vom Kanzler gesagt, was sie von ihm ausrichten sollen. Einer wurde schon mal rausgeschmissen, weil er einen eigenen Gedanken einflocht. Aber dann brauchst du als Partei nicht mehr antreten zur Wahl, wenn du eh das Gleiche vertrittst wie die herrschenden Parteien.

Das ist eine solche Unverfrorenheit, wie die hier vorgehen, die wir uns natürlich nicht gefallen lassen. Offenbar haben wir hier einen Nerv getroffen, der diese Leute empfindlich stört.

Ich habe in meiner Antwort auf Abgeordnetenwatch nur die Objektivität der Betrachtung hergestellt und das Wesen analysiert. Denn es ist zweckmotiviert, dass die sagen, die erhebliche Steigerung der Rüstungsausgaben sei nur eine Reaktion auf die Invasion Russlands in der Ukraine. Damit dringen sie zudem überhaupt nicht darin ein, was grundlegend auf der Welt passiert. Tatsächlich bereitet die EU aktiv einen Dritten Weltkrieg vor, ebenso wie die meisten anderen Imperialisten.

Heute gibt es auf der Welt keine „unverteilten Stücke“ mehr, wie Lenin das qualifiziert hatte; es gibt kein Fleckchen Erde mehr, was sich nicht ein Imperialist unter den Nagel gerissen hat. Die wachsenden Ansprüche aufstrebender imperialistischer Mächte stoßen auf einen bereits aufgeteilten Weltmarkt. Um Absatzmärkte frei zu machen, braucht es also die Vernichtung eines Konkurrenten. Und das auch durch militärische Aktionen bis zum möglichen Weltkrieg um die Neuaufteilung der Welt als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Die Weltkriegsvorbereitung ist also keine Reaktion auf „die russische Invasion“, wie auch die bürgerlichen Medien suggerieren, sondern allgemeine Erscheinung des Imperialismus dieser Zeit.

Es ist übrigens eine verbreitete schlechte Angewohnheit, wie wir heute von den Medien erzogen werden, dass man nur die Erscheinung sieht, eine oberflächliche Betrachtung vornimmt, ohne in die Tiefe der Dinge einzudringen und das Wesen zu erkennen. Ihr seht hier eine Karte, wie die NATO vorgedrungen ist. Sie tun jetzt so, als wären sie die friedlichste Organisation der Welt, aber hier seht ihr die verschiedenen Osterweiterungen der NATO, wie viele Länder sie in Europa in ihren Einflussbereich gezogen haben. Das ist ein aggressives Vorgehen.

nato-osterweiterung.png

https://de.statista.com/infografik/26696/europaeische-laender-nach-jahr-des-eintritts-in-die-nato/ Aufgerufen am 16. Juli 2024

Auch das neuimperialistische Russland hat in zahlreichen Ländern Truppen stationiert. Hier eine Karte zu Afrika, wo überall die russische Wagner-Truppe aktiv war. Sie wurde inzwischen zerschlagen, aber die russisch kontrollierten Truppen befinden sich bis heute in diesen Ländern. Sie nennen sich heute „Afrika-Korps“ genauso wie das „Afrika-Korps“ unter Hitler. Sie haben Putsche in diesen afrikanischen Ländern organisiert, beuten Rohstoffe aus, haben ganze Regierungen unter ihre Kontrolle gekriegt usw.

wagner-afrika.png

Quelle: https://www.rnd.de/politik/wagner-gruppe-in-afrika-wahlmanipulation-und-bergbau-lizenzen-3FMQXMSEZPXH5QVZKZGQ5WO64I.html aufgerufen am 16. Juli 2024

Das ist ein aggressives Vordringen verschiedener imperialistischer Länder, was zu dieser Weltkriegsvorbereitung führt, weil wiederum die einzige Supermacht USA sich das nicht gefallen lässt und ebenso aggressiv vorgeht. Mit der Neuorganisation der internationalen Produktion wurde zur Haupttriebkraft für das Handeln der internationalen Monopole, die Eroberung und Verteidigung einer beherrschenden Stellung auf dem Weltmarkt. Nur so können sie Monopolpreise diktieren und Maximalprofite generieren!

Der Revolutionär Lenin wies auf die zugrunde liegende Gesetzmäßigkeit hin, solange es Imperialismus gibt: „Unter dem Kapitalismus ist ein gleichmäßiges Wachstum in der ökonomischen Entwicklung einzelner Wirtschaften und einzelner Staaten unmöglich. Unter dem Kapitalismus gibt es keine anderen Mittel, das gestörte Gleichgewicht von Zeit zu Zeit wiederherzustellen, als Krisen in der Industrie und Kriege in der Politik.“7

Der Kampf um die Neuaufteilung der Welt verschärft die Weltkriegsgefahr enorm, bis hin zur akuten Weltkriegsgefahr, wie sich das mit dem Ukrainekrieg und dem Völkermord in Gaza bereits vorbereitet.

In Essen findet Ende Juni der Parteitag der AfD statt. Es ist gut, dass bereits viele Gegenproteste vorbereitet werden. Ausgerechnet im Aufruf, an dem die MLPD Essen mitarbeitete, wurde aber mit keinem Wort die Ursache des Faschismus im Kapitalismus aufgedeckt.

Im Aufruf hieß es: „Zeigen wir, dass Solidarität und Zusammenhalt stärker sind als Spaltung und Hetze. ... Wir kritisieren die Rechtsentwicklung der etablierten Parteien ... sie passen sich z.B. der Asylpolitik der AfD an und unterstützen ihre Politik damit noch.“8

Das ist ein Beispiel, wie man an der Oberfläche bleibt und opportunistisch darauf verzichtet, der Sache auf den Grund zu gehen. „Gegen Spaltung und Hetze“ würden sich vermutlich noch die Regierungsparteien anschließen. Der Kern ist aber, dass der Faschismus seine Wurzel im Kapitalismus hat.

Faschismus ist die Diktatur der „reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. ... Das ist mittelalterliche Barbarei und Bestialität, zügellose Aggressivität gegenüber den anderen Völkern“.9

Die Gefahr des Faschismus gibt es so lange wie es Imperialismus gibt! Deshalb betreiben wir Bewusstseinsbildung, wie es gelingt, nicht „nur“ gegen einen Parteitag der AfD zu protestieren und ihn zu behindern, sondern dem Faschismus an die Wurzel zu gehen. Dafür muss ich seine Ursache aufdecken und den Kampf dagegen ausrichten. Die Tendenz zur Reaktion ist im Imperialismus gesetzmäßig. Zur Durchsetzung ihrer Interessen geht mit dem aggressiven Kurs des Imperialismus nach außen, also der Kriegsvorbereitung und Eroberungspolitik gegenüber anderen Ländern, die Repression nach innen und zur Faschisierung der Staatsapparate einher. Dass es zum Faschismus kommt, ist allerdings keine Gesetzmäßigkeit.

Er kann also verhindert werden durch eine Einheitsfront unter Führung der Arbeiterklasse, eine starke revolutionäre Partei, eine richtige Politik gegenüber den kleinbürgerlichen Zwischenschichten und dem Kampf um die Verteidigung und Erweiterung demokratischer Rechte und Freiheiten. Die antifaschistische Massenbewegung in Deutschland konnte in letzter Zeit Erfolge gegen den Einfluss der AfD oder die faschistische Tendenz erringen, die in Wahlumfragen verloren hat.

International ist die Gründung der antiimperialistischen Einheitsfront gegen Faschismus, Krieg und Umweltzerstörung ein wichtiger Faktor geworden. Die Rechtsentwicklung und Tendenz zum Faschismus ist allerdings eine allgemeine reaktionäre Antwort auf die Krisen des Imperialismus. In Verbindung mit dem verschärften zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf und der neuimperialistischen Entwicklung dringen faschistische Tendenzen vor.

Heute haben zehn der G20-Staaten bereits faschistische, faschistoide oder offen reaktionäre Regierungen: Argentinien, China, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Russland, Saudi-Arabien, Türkei und Großbritannien. Im Unterschied zur Militärdiktatur ist es für die Faschisten notwendig, die Massen für sich zu gewinnen und insofern auch eine besondere Demagogie zu entwickeln.

Im Buch „Der Staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD“ heißt es: „Dem Faschismus gelingt es, die Massen zu gewinnen, weil er in demagogischer Weise an ihre brennendsten Nöte und Bedürfnisse appelliert.“ (G. Dimitroff, VII. Weltkongreß. „Ausgewählte Schriften“ Bd. 2, S. 528)“10

Deshalb ist Kampf gegen den Faschismus heute wesentlich der massenhafte Kampf um die Denkweise, um mit der geschickten Demagogie und Manipulation der öffentlichen Meinung, die diese Faschisten verbreiten, fertig zu werden.

Weltkriegsgefahr sowie der Beginn der globalen Umweltkatastrophe führten die Menschheit in eine anhaltende latente Existenzkrise. Das bedeutete einen qualitativen Sprung.

Solche Sprünge zu erkennen, ist für uns eine sehr bedeutende Aufgabe. Manchmal neigt man dazu, nur dem konkreten Verlauf zu folgen: „Dort wird aufgerüstet, hier auch, und da auch noch!“ Spontan denkt man oft nur so quantitativ und übersieht das wirklich Neue. Nur wenn man die Dinge richtig analysiert und qualifiziert, das bedeutet auf den richtigen Begriff bringt, kann man auch komplizierte Entwicklungen und Zusammenhänge verstehen und richtig behandeln.

Diese drei Krisenherde haben also jeweils eine Eigendynamik, sie stehen aber auch in Wechselwirkung zueinander. Ein wirklich gefährliches Gebräu für die Menschheit!

Auch in unserem Kampf muss deshalb die Wechselwirkung dieser verschiedenen Seiten hergestellt werden. Das heißt, dass wir das dialektische Gesetz von Einheit und Kampf der Gegensätze richtig anwenden. Zum Beispiel gehören der Kampf gegen die globale Umweltkatastrophe und gegen Faschismus untrennbar zusammen wie noch nie. Dazu heißt es im Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“: „Die Herrschenden spielen Umweltschutz gegen die sozialen Interessen der Arbeiterklasse aus und wälzen die Folgen der Umweltzerstörung auf die Massen ab. Ultrareaktionäre, faschistoide und faschistische Kräfte missbrauchen die berechtigte Kritik daran, um ihre Politik demagogisch als ,Interesse der Arbeiterklasse‘ zu maskieren. ... Sie vertreten in Wirklichkeit die Klasseninteressen eines Teils des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals, der auf fossile und atomare Energieträger, Verbrennermotoren sowie auf aggressive Ausbeutung der Rohstoffe setzt.“11

Wird die latente Existenzkrise akut, wird sie letztlich die Existenz der Menschheit vernichten. Eine ungehemmte Ausreifung dieser Entwicklung gilt es unbedingt zu verhindern! Was also tun?

Auch in der menschlichen Gesellschaft wirken objektive Gesetze, aber sie gelten zumeist nur für eine „bestimmte historische Periode ... und (machen) danach neuen Gesetzen Platz12, wie es Stalin in der oben genannten Schrift ausführte.

In der Urgesellschaft wirkten andere Gesetzmäßigkeiten als in der Sklavenhaltergesellschaft, wieder andere im Feudalismus als heute im Kapitalismus. Sie resultieren jeweils aus dem Stand der Produktivkräfte und den Produktionsverhältnissen und welche Klasse die Macht hat. Der heutige Grundwiderspruch ist, dass gesellschaftlich produziert, doch privat angeeignet wird. Er kann sich aber mit der Umwälzung der Macht- und Besitzverhältnisse mit einer Revolution und der Errichtung der Diktatur des Proletariats verändern.

In einer sozialistischen Gesellschaft treten neue gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten in Kraft. Gesetzmäßige Entwicklungen der Natur wiederum wirken weiter, können aber anders bekämpft werden. Wie verhält sich das bezüglich der Weltkriegsgefahr?

Der Sozialismus ist eine Übergangsgesellschaft und wird zunächst nicht in allen Ländern gleichzeitig erkämpft werden, auch wenn die Strategie und Taktik natürlich die der internationalen sozialistischen Revolution ist. Das heißt, die einen Länder haben den Sozialismus schon erkämpft, andere sind imperialistisch oder noch neokolonial abhängig.

Das Grundprinzip der sozialistischen Außenpolitik ist der proletarische Internationalismus, „das heißt die Unterstützung der proletarischen und nationalen Befreiungsbewegungen gegen den Imperialismus.“13

Zugleich hat Lenin die Politik der friedlichen Koexistenz mit den nicht sozialistischen Staaten entwickelt, die die chinesische Regierung 1954 so zusammenfasste: „Gegenseitige Achtung der territorialen Integrität und Souveränität, gegenseitiger Nichtangriff, gegenseitige Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, Gleichberechtigung und gegenseitiger Vorteil, friedliche Koexistenz.“14

Diese Politik erschwerte es den Imperialisten, die sozialistischen Länder anzugreifen und trug immens zum Erhalt des Weltfriedens bei. Noch nie hat ein sozialistisches Land einen Angriffskrieg geführt. Die Revisionisten mit Chruschtschow an der Spitze wiederum verrieten den Sozialismus und seine Prinzipien der sozialistischen Außenpolitik. Auf dem XX. Parteitag 1956, drei Jahre nach Stalins Tod, wurde die Diktatur des Proletariats zerstört und eine neue Bourgeoisie, bestehend aus entarteten Apparatschiks mit einer kleinbürgerlichen Denkweise aus Staat, Partei und Wirtschaft ergriffen die Macht. Der Kapitalismus wurde wiederhergestellt. Die alten Gesetzmäßigkeiten traten wieder in Kraft, nur getarnt mit sozialistischen Phrasen:

Chruschtschow erklärte die friedliche Koexistenz zum Grundprinzip der sozialistischen Außenpolitik und forderte, gegenüber den Imperialisten „das Vertrauen und die Zusammenarbeit zu festigen“15. Den proletarischen Internationalismus haben diese Revisionisten verraten!

Die Arbeiterklasse vieler Länder und unterdrückte Völker können ein trauriges Lied davon singen, wie die Sowjetunion zu einer sozialimperialistischen Macht verkam und sich an der Niederschlagung von Aufständen und Befreiungsbewegungen beteiligte und zum Beispiel Afghanistan überfiel.

Zu Zeiten von Lenin und Stalin hatte die Sowjetunion alles getan, um den Befreiungskampf der Arbeiterklasse und der unterdrückten Völker der Welt im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen.

Echter Sozialismus auf der Grundlage der proletarischen Denkweise bedeutet deshalb auch: proletarischer Internationalismus als Grundprinzip der sozialistischen Außenpolitik! Diese Denkweise eignen wir uns heute schon an im Kampf gegen Nationalismus und Sozialchauvinismus und die Wirkung der kleinbürgerlich-sozialchauvinistischen Denkweise in den Köpfen der Massen oder der Arbeiter. Das muss im Kampf gegen die Gefahr der Wiederherstellung des Kapitalismus auch im Sozialismus erkämpft werden. Denn heute können wir auf der Welt beobachten, dass viele ehemals sozialistische Länder infolge der Machtergreifung einer neuen Bourgeoisie zu faschistischen oder ultrareaktionären Ländern mutiert sind, zum Beispiel China oder Polen. Hier besteht eine Identität zwischen der bürokratisch-zentralistischen Führung, der Herausbildung von Monopolen aus den riesigen staatlichen Betrieben, faschistoid-sozialimperialistischer Strukturen und dem heutigen Faschismus.

Wie verhält es sich mit der globalen Umweltkatastrophe im Sozialismus?

Hier muss man feststellen, dass auch nach der Revolution die in der Natur in Gang gesetzten Prozesse nicht außer Kraft gesetzt werden können! „Die globale Umweltkatastrophe ist ein irreversibler Prozess ... Die Menschen können diese Entwicklung nur noch teilweise durch ihr Handeln beeinflussen.“16

Man muss also von einem Wettlauf mit der Zeit sprechen, in dem sich entscheidet, in welchem Grad im Sozialismus die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit noch gerettet werden können.

Der Sozialismus ist das einzige System, das in der Lage ist und die Bereitschaft dazu hat, die Einheit von Mensch und Natur wiederherzustellen, zu festigen und höherzuentwickeln. Er ist auch in dieser Hinsicht ein historisches Gegenkonzept zum Imperialismus. Dann werden „vergesellschaftetes Eigentum an Produktionsmitteln und eine internationalisierte sozialistische Plan- und Kreislaufwirtschaft ermöglichen ..., Industrie und Landwirtschaft, Verkehr und Bau, Handel und Konsumtion darauf auszurichten, die Einheit von Mensch und Natur so weitgehend wie möglich zu erhalten, zurückzuerobern und weiterzuentwickeln.“17

Wer also Umweltzerstörung, Kriege und Faschismus abschaffen will, kann nicht beim Kampf gegen einzelne Erscheinungen, aber auch nicht bei der Kapitalismuskritik stehen bleiben, die inzwischen sehr verbreitet ist und auch unter Jugend massenhaft diskutiert wird. Der oder die muss sich für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus organisieren und den Kampf um den echten Sozialismus auf der Grundlage der proletarischen Denkweise aufnehmen. Nur dann kann man etwas am Wesen der Entwicklung ändern! Alles andere bleibt Stückwerk, Pflaster auf den tiefen Wunden, die damit überhaupt nicht behoben werden können.

Wir merken, dass viele Begriffe, die wir in den letzten Jahrzehnten in die Diskussion gebracht haben, unter der Jugend inzwischen verbreitet sind.

Wenn man heute zu einer Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Demo geht oder selbst in der Gewerkschaftsjugend wird nicht nur über Kapitalismus, sondern sogar verstärkt wieder über Sozialismus gesprochen. Aber was wird darunter verstanden? Werden wirklich diese Gesetzmäßigkeiten tiefgehend verstanden und damit der Kampf auf die wirklich revolutionäre Arbeit ausgerichtet? Das ist immer noch sehr umstritten und deswegen müssen wir genau da ansetzen und den Kampf um die Denkweise entwickeln.

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

der Kampf um den echten Sozialismus steht also nicht auf unseren Fahnen, weil wir uns irgend ein fantastisches Konstrukt ausgedacht haben oder eben dran glauben, sondern weil es wissenschaftlich nachgewiesen der einzige Weg ist, die Menschheit zu retten vor einem Dritten Weltkrieg, einer globalen Umweltkatastrophe oder der weltweiten faschistischen Tendenz! Heute muss die Strategie der internationalen sozialistischen Revolution erweitert wer-

den. Sie „ ... begründet sich ... nicht mehr allein aus den Klasseninteressen der Arbeiterklasse, sondern auch aus dem Interesse der Menschheit, zu überleben

und dazu die natürliche Umwelt zu erhalten.“18 Es wird zu einer allgemeinen Schwerpunktaufgabe für die Marxisten-Leninisten, in der Rebellion der Jugend und für alle fortschrittlichen Menschen, dem echten Sozialismus zu neuem Ansehen zu verhelfen.

Was ist das für eine Bewegung, die sozialistische Jugendbewegung? Sie muss sich an die Masse der Jugend wenden. Zum Teil wurde darunter verstanden, jetzt zu den linken Jugendverbänden zu gehen. Nein, sie muss sich an die Masse der Jugend wenden. Das muss mit einer verbesserten und breiten Bündnisarbeit verbunden werden. Ihr Rückgrat und Hauptträger ist die Arbeiterjugend und sie zeichnet sich aus durch Verbindung mit dem tagtäglichen Leben und Kampf der Arbeiterjugend und der Masse der Jugend. Hauptorganisator dieser sozialistischen Jugendbewegung muss der Jugendverband REBELL in Wechselwirkung zur MLPD sein, weil er der einzige Jugendverband in Deutschland für den echten Sozialismus ist.

Öffentliche gemeinsame Kampfaufgaben wie auch die Subbotnik-Bewegung stärken Selbstlosigkeit und Kollektivgeist und unterstreichen die Einheit von Theorie und Praxis in dieser Bewegung. Sie fördert fundierte sozialistische Zukunftsträume in kritischer Auseinandersetzung mit kleinbürgerlichen Sozialismusvorstellungen.

Sie führt den Kampf um die Denkweise gegen die kleinbürgerlich-antiautoritäre und -individualistische Denkweise, gegen die Illusionen von der Reformierbarkeit des Kapitalismus.

Dazu gehört, dass die Jugend lernt, ihre Kämpfe als Schule des Klassenkampfs, als Schule des gesellschaftsverändernden Kampfs zu führen. Jugendgemäße Bildungs- und Schulungsarbeit, Literatur, Kultur, Konzerte usw. und solche Ereignisse wie Pfingstjugendtreffen oder Rebellisches Musikfestival müssen fester Bestandteil sein, um im ganzen Denken, Fühlen und Handeln an den echten Sozialismus heranzuführen.

Dafür ist die Theorie, die Schriftenreihe REVOLUTIONÄRER WEG wichtig, aber unterschätzt auch die Kultur nicht! Sie ist das Feld, wodurch die Masse der Jugend heute am meisten in der bürgerlichen Gesellschaft beeinflusst wird. Das läuft über soziale Medien, Videos und bestimmte Inhalte und Methoden, die damit verbreitet werden. Dem haben wir allemal eine viel bessere Kultur entgegenzusetzen! Wenn ihr euch hier umseht auf dem Pfingstjugendtreffen haben wir eine allseitige Kultur. Aber sie ist oft in unserem Alltag der Jugendarbeit noch nicht so vielfältig entwickelt, wo man auch Instrumente spielen lernt, Kultur in der Kleinarbeit macht, den Zusammenhalt pflegt und diese Solidarität vom REBELL ausgestrahlt wird.

Die Gruppen müssen eine richtige Gemeinschaft sein, die durch dick und dünn gehen, sich das erkämpfen, was in der kapitalistischen Gesellschaft mit Füßen getreten wird: dass man Solidarität, Zusammenhalt und gemeinsamen Kampf organisiert. Stellen wir dem zersetzenden Einfluss der bürgerlichen Jugendkultur die proletarische Lebenskultur entgegen!

Wer den Sozialismus nicht als Perspektive aufstellt und den wissenschaftlichen Sozialismus nicht kennt, dem fehlt auch ein Maßstab zur Grundsatzkritik, was falsch und was richtig ist. Deshalb muss die sozialistische Jugendbewegung auch verstärkt mit der Theorie arbeiten. Es ist unter Jugendlichen oft gar nicht mehr üblich, dass man sich gründlich mit der Theorie beschäftigt. Die Initiaitive des REBELL dazu hat sich positiv entwickelt. Beim vorletzten Verbandsdelegiertentag hatten noch relativ wenige gesagt, dass sie sich mit der ideologisch-politischen Linie der MLPD beschäftigen – beim letzten Verbandsdelegiertentag haben schon 50 Prozent der Rebellen gesagt, sie haben die letzten Nummern des Revolutionären Weg alle durchstudiert. Das ist eine gute Initiative, die aber ausgebaut werden muss, damit man das wissenschaftliche Know-how aufbringt, das man in dieser komplizierten Entwicklung braucht.

Die Rettung der Menschheit kann nur auf Grundlage der proletarischen Denkweise erkämpft werden: Auch der revolutionäre Optimismus ist dafür sehr wichtig. Natürlich sehen wir den Ernst der Lage, aber wenn wir deshalb miesepetrig durch die Gegend laufen und nur die mahnende Hand erheben, überzeugt es auch keinen. Wir müssen die Leute mitreißen, begeistern und für den Ausweg des Sozialismus überzeugen.

Auch das dialektisch-materialistische Herangehen muss trainiert werden. Wir leben heute in einer Welt, die mit schwarz-weiß nicht zu erklären ist, da muss man sehr differenziert nachdenken: Wie du z.B. die Entwicklung in Nahost beurteilst, das muss man kollektiv diskutieren, das kann kein Einzelner einschätzen, was da ist. Da braucht man auch die revolutionäre Weltorganisation ICOR, wo wir oft nachfragen, Interviews machen, wie die Genossen vor Ort es beurteilen. Da muss man auf das Kollektiv setzen.

Disziplin und Zuverlässigkeit ist zur Umsetzung unserer Ziele unerlässlich. Dem steht entgegen, dass unter der Jugend massiv ein Laissez-Faire-Stil verbreitet wird. Das ist richtig modern heute, sich nicht festzulegen und zu sagen: „Ich halte mich lieber neutral.“ Dabei ist vielmehr hochmodern, sich festzulegen, sich zu organisieren, eine Entscheidung zu treffen. Man kann doch in einer Situation, in der wir an einem Scheideweg stehen, wohin die Menschheit geht, als Jugendlicher nicht durch die Welt gehen und keine Entscheidung treffen.

Die Jugend muss die Zukunft erkämpfen und dafür muss man Entscheidungen treffen und Rückgrat haben. Dieses Heraushalten, das ist von vorgestern!

Auch mit weiteren Einflüssen der kleinbürgerlichen Denkweise gilt es fertig zu werden. Der Egoismus ist eine richtige Plage, der besonders durch die Rechten und faschistischen Kräfte verbreitet wird. Das fängt an mit „mein Land zuerst“, „Deutschland zuerst“.

Aber auch die sozialen Medien – da sollst du in Form von Selfies auf Instagram oder Videos auf Tiktok dein Selbstbild zeichnen. Aber wir sind doch Menschen und Rebellen, die im ganzen Leben stehen und im Kampf, was will ich da mit einem geschönten weichgezeichneten Bild von mir? Das ist doch ein Witz, dass das befriedigend sein soll. Dieser Egoismus, sich nur mit sich zu beschäftigen und sich damit auch abzutrennen vom Menschen als kollektives Wesen – das macht die Jugend fertig und das müssen wir überwinden.

Entsprechend ist revolutionäre Arbeit heute in erster Linie zähe systematische Kleinarbeit, im Kampf um die Denkweise die Masse der Jugend zu gewinnen. Manche kleinbürgerlich-revolutionaristische Gruppen versuchen diese harte Arbeit zu überspringen. Sie beglücken sich lieber gegenseitig mit revolutionären Phrasen oder viel Aktionismus. Das ist nicht nur unernsthaft, sondern schadet der Gewinnung der Arbeiterklasse und der Jugend. Es lenkt Kräfte davon ab, diese Bewusstseinsbildung und den Kampf um die Denkweise zu führen.

Werdet also Aktivisten der organisierten systematischen Kleinarbeit. Verinnerlicht, dass das ganze Leben Kampf und damit auch Kampf um die Denkweise ist. Lernen aus Fehlern und Konflikten, harte Auseinandersetzungen und Kämpfe führen - das ist nicht etwas, was man besser vermeiden sollte. Sondern das ist das, was uns zu den Kämpfern macht, die wir heute brauchen, damit ihr nicht die letzte Generation, sondern die Generation Sozialismus werdet.

Vielen Dank.

Danke für die gehaltvollen Ausführungen von Gabi.

Genauso ist es nicht einfach, heute unseren revolutionären Kampf zu führen. Aber es ist wichtig, wie Marx schon sagte: Bevor das Proletariat seine Kämpfe, seine Siege auf dem Schlachtfeld erkämpft, muss es erst mal auf dem Schlachtfeld der theoretischen Arbeit siegen. Das heißt, wir müssen uns, sowohl mit der bürgerlichen Ideologie beschäftigen, müssen sie kritisieren als auch eine proletarische Weltsicht entwickeln, unser Denken, Fühlen und Handeln damit richtig ausrichten.

Die Frage der Denkweise macht die ganze Sache kompliziert. Selbst die Faschisten treten nicht mehr so offen reaktionär auf wie früher die Hitler-Faschisten. Die AfD plakatiert, man müsse die „Demokratie erhalten“. Oder die kleinen Leute müssten „endlich wieder zu ihrem Recht“ kommen, die Steuerbelastung der einfachen Leute müsse zurückgenommen werden usw. Wenn man dem zuhört, klingt das gut, aber man muss genau hinsehen, was dahintersteckt. Faschismus tritt heute nicht mehr in der Form des Hitler-Faschismus auf. Dieser war schon damals eine Besonderheit in seiner Brutalität. Der italienische Faschismus oder der japanischen Faschismus waren nicht so brutal wie der Hitler-Faschismus. Dort gab es keine Konzentrationslager oder Massenvernichtung. Sie haben auch keinen Weltkrieg begonnen wie die deutschen Faschisten oder die Hauptlosung von Hitler vertreten, dass man „den Weltbolschewismus zerschlagen“ müsse. Deshalb muss man genau wissen, was der Kern des Faschismus ist. Das Wort Faschismus wird von den bürgerlichen Medien und Politikern nicht in den Mund genommen. Sie sprechen von „Populismus“, „Rechtsextremismus“ oder „Antisemitismus“. Das bekämpfen sie, aber nicht den Faschismus. Was ist also das richtige Kriterium für Faschismus?

Fangen wir mit dem Antisemitismus an – wenn das tatsächlich das Hauptmerkmal des Faschismus wäre, dann wäre Trump kein Faschist, weil er einer der eifrigsten Unterstützer von Netanjahu, von der faschistoiden Regierung in Israel ist. Auch Netanjahu selber paktiert mit den Faschisten. Der Antisemitismus ist also kein Kriterium, ob es Faschismus ist oder nicht, das ist eine völlige Verzerrung der Wirklichkeit.

Dann sprechen sie von „Extremismus“. Was ist denn Extremismus? Das stellt die gesellschaftlichen Verhältnisse auf den Kopf. Für mich sind Leute extremistisch, die Millionen Menschen in die Armut treiben, die Kriege anfangen, die die Umwelt rücksichtslos zerstören – das sind für mich die Extremisten. Diese „Extremisten“ sitzen in den Konzernetagen, das sind die Monopole, die hier in Deutschland und der ganzen Welt ihre Diktatur ausüben. Das sind die eigentlichen Extremisten und nicht die Leute, die dagegen kämpfen. Rechtsextremismus wird dann auch sogleich mit dem »Linksextremismus« gleichgesetzt. Damit sind wir gemeint! Das sind Blendgranaten, die sie abschießen, um die Leute zu verwirren.

Weiter wird von „Populismus“ gesprochen. Dieser Begriff ist völlig oberflächlich. Natürlich geben die Herrschenden demagogisch vor, sie seien für die Massen. Gleichzeitig unterstützen sie die Diktatur der Monopole auf extreme Weise. Das Wort »Populismus« klärt gar nichts, sondern verschleiert das Problem des Faschismus. Deshalb ist es wichtig, dass wir erst mal Klarheit schaffen. Denn wenn man den Gegner nicht richtig kennt, ihn nicht richtig qualifiziert, dann kann man auch nicht den richtigen Kampf führen.

Entscheidend ist, dass der Jugendverband Rebell lernt, die sozialistische Jugendbewegung lernt, dass man nicht bestehen kann, wenn man nur kämpft und auf Demonstrationen geht. Die sozialistische Jugendbewegung kann nur bestehen, wenn man sich auch auf den Hintern setzt und sich das Wissen an eignet, das nötig ist, um den Kampf wirksam zu führen. Das ist harte Arbeit und starker Tobak! Der Antiautoritarismus predigt, man müsse sich nicht mit grundsätzlichen Sachen beschäftigen, er agiert einfach aus dem Gefühl heraus. Da ist man bereits auf der falschen Seite!

Wir haben natürlich sehr viele Gefühle, gute Gefühle der Solidarität, des unverbrüchlichen Zusammenhalts, da passt kein Blatt zwischen uns. Aber rein gefühlsmäßig an den Klassenkampf heranzugehen, ohne richtig den Verstand zu gebrauchen, um was es geht, ist gefährlich. Das ist heute das hauptsächliche Einfallstor der kleinbürgerlichen Denkweise auf die Jugend. Auch die Losung: „Spaß haben“ gehört in diese Kategorie. Natürlich: wir wollen alle Spaß haben, aber das kann ja wohl nicht das einzige Lebensziel sein. Wir haben doch Spaß hier auf dem Pfingstjugendtreffen, aber wir machen das, weil wir gemeinsam kämpfen wollen und weil es zu unserer Solidarität und Gemeinschaft dazugehört, dass wir Spaß haben. Aber Spaß haben als oberste Leitlinie des Lebens führt nur dazu, dass man sich diesem System anpasst, einen Job sucht, mit dem man viel Geld verdienen kann, ein Haus baut, und dadurch den ganzen Mist des Kapitalismus mitmacht. Deshalb ist „Spaß haben“ als Leitlinie des Lebens eine ganz gefährliche Schiene für die revolutionäre Jugend und lenkt uns ab.

Natürlich spielt die Kultur eine wichtige Rolle. Es gibt eine ziemliche Diskussion bei uns in der Redaktion REVOLUTIONÄRER WEG, was man unter Kultur versteht. Die Genossen, die einen Abschnitt dazu ausarbeiten sollten, wollten uns erzählen, dass Kultur das ist, was eben Kulturschaffende machen – ein Sänger, einer der Gedichte schreibt, ein Schauspieler usw.

Nein! Der Kulturbegriff des Marxismus bezieht sich auf die Lebenskultur der Massen, wie leben sie, wie arbeiten sie, wie denken sie, wie streiten sie – das ist Kultur. Nicht die Kulturschaffenden machen die Kultur, sondern die Massen praktizieren eine Lebenskultur. Das ist ein fundamental anderer Begriff von Kultur. Er unterstreicht auch die Wichtigkeit, dass man auch ein kulturelles Organisationsleben hat. Man kann sich nicht nur auf Sitzungen treffen und ansonsten im Internet oder vorm Fernseher hängen und sich berieseln lassen. Man muss lernen, miteinander kulturvoll umzugehen.

Wir haben regelmäßige wöchentliche Treffen im Bistro in der Horster Mitte eingeführt. Da kommen Leute aus dem Stadtteil hin, weil es kaum noch Kneipen gibt außer Dönerbuden. Da trifft man sich, da spricht man, lernt sich kennen. Da sind schon Leute allein aus diesen Begegnungen Mitglied geworden, denn sie waren die ganze Zeit der Meinung, dass es gut ist, was wir machen, aber sie kannten niemanden. Jetzt lernen sie die Leute kennen, sitzen zusammen, spielen Skat, trinken eine Cola oder ein Bier zusammen, machen beim Kickerturnier mit usw. Diese Art und Weise miteinander umzugehen, gehört zur Lebenskultur. Und das müssen wir bewusst machen!

Mir fehlt etwas die Kulturarbeit im Jugendverband REBELL. Ein paar Kilometer von hier habe ich früher in Neustadt-Coburg die Jugendarbeit mit aufgebaut. Wir waren zur Höchstzeit 70 Mitglieder. Was haben wir gemacht? Wir sind jede Woche gewandert, Sonntag 13 Uhr haben wir uns an der Disco getroffen. Ein Leiterwagen mit einem Fass Bier war dabei und ein Leiterwagen mit Bratwürsten. Da sind bis zu 100 Jugendliche mitgegangen. Wir sind hier Richtung Schalkau, Richtung Grenze marschiert und haben gesungen „Die Partisanen vom Amur“. Bei solchen Liedern war es natürlich klar, dass wir nicht auf der Straße laufen, sondern die Flüsse durchqueren und durch den Wald stapfen. Wir hatten großen Spaß, haben gesungen und gefeiert. Einmal in der Woche haben wir Sport gemacht, jeden Samstag 16 Uhr, im Sommer auf dem Sportplatz und im Winter haben wir von 16 bis 19 Uhr eine Halle gemietet. Zwischendurch waren Feste usw. Die Jugendlichen fühlten sich da wohl, keine andere Partei hatte einen Jugendverband, nur wir. Dann wurde – im Grunde als Antwort auf uns – begonnen, die Kirchenjugend usw. aufzubauen, Jugendhäuser entstanden. Das war gegen uns gerichtet, weil wir eine top Jugendarbeit machten.

Aber wenn man immer nur Sitzungen macht und nur in kleinen Grüppchen zusammensitzt, kann man nicht die Masse der Jugend gewinnen. Wir müssen unsere Vorstellungen vom zukünftigen sozialistischen Leben in unserem heutigen Zusammenleben verwirklichen. Nur so können wir die Leute für eine Gesellschaft gewinnen, in der die Arbeiter und die breiten Massen das Sagen haben. Ohne eine entsprechende Lebenskultur funktioniert das nicht.

In der DDR haben natürlich die Bürokraten den Sozialismus verraten. Aber es gab auch teils eine eingeschränkte, eingefahrene Lebenskultur. Damals entstand das Lied von Karat „Über sieben Brücken musst du gehen“. Oft ist gar nicht bekannt, dass das ein politisches Lied ist, das in einer Protestbewegung entstanden ist. Es ist etwas verklausuliert, wie man es eben machen muss, wenn man mit seinen Liedern nicht erlaubte Botschaften rüber bringen will. Dass man die Tür hinter sich zumachen muss, keinem mehr über den Weg traut, „Ich weiß gar nicht mehr, was ich weiß“ – man sehnt sich zurück nach den Anfängen des Sozialismus. Das ist alles in diesem Lied drin. Später hat es Peter Maffay übernommen, bei seinem Schnulzenstil merkt man gar nicht mehr, dass das ursprünglich ein politisches Lied ist. Leute, geht raus, verkriecht euch nicht! Zieht euch nicht zurück! Man muss den Antikommunismus selbstbewusst angreifen. Wir haben große Ziele und sind stolz, dass wir Kommunisten sind, weil wir die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und die Ausbeutung der Natur grundsätzlich ablehnen und eine andere Perspektive in die Welt setzen. Darauf sind wir stolz!

Natürlich müssen wir uns mit Fehlern in den ehemals sozialistischen Ländern auseinandersetzen. Ohne diese Fehler wäre es nicht gelungen, den Kapitalismus wieder einzuführen. Diese Frage beschäftigt jeden, mit dem man über eine sozialistische Alternative spricht: Was ist passiert in den ehemals sozialistischen Ländern? Damit müssen wir uns kritisch beschäftigen und haben dazu schon wichtige Literatur. Das wichtigste Buch ist von Willi Dickhut „Sozialismus am Ende?“. Das sollte jeder Jugendliche studieren.

Die Grundfrage der Denkweise für den sozialistischen Aufbau ist auch heute schon für uns wichtig. Denn wir machen keine politische Arbeit, weil wir etwas dafür kriegen. Hier kriegt keiner etwas dafür, dass er am Bratwurststand steht, hier aufbaut, Schutzaufgaben oder Organisationsaufgaben übernimmt, aufräumt, moderiert usw. Wir machen das selbstlos und wir könnten ein solches Fest sonst auch nicht finanzieren. Wir können nur durch unsere selbstlose Arbeit eine Bresche in die bürgerliche Gesellschaft, in die Staatsreligion des Antikommunismus schlagen und ein so wunderbares Fest auf die Beine stellen. Eines, bei dem jeder mit anpackt – so muss es sein. Da kommt keine Firma, die das für uns macht und darauf sind wir stolz. Wenn wir dieses Pfingstjugendtreffen gemacht haben, haben wir wieder etwas geleistet, gelernt und es hat uns Spaß gemacht. Das Arbeiten macht auch Spaß. Mir gefällt es immer, wenn jeder etwas beitragen kann. Das ist doch die richtige Einstellung und die richtige „Lebenskultur“. Die neue sozialistische Jugendbewegung muss natürlich die grundsätzlichen Sachen klar haben, die Gabi ausgeführt hat. Aber ihr müsst das auch leben und dadurch mit Leben erfüllen.

Wir haben in der Partei zuweilen auch Probleme, weil manche Genossen nicht verstehen, wie man eine Funktion ausübt. Da kann man nicht willkürlich arbeiten, da muss man bestimmte Regeln, Standards und Prinzipien einhalten. Da kann man nicht seine Funktion missbrauchen, es eigenmächtig anders machen, als die Parteiführung das ausgerichtet hat oder als die ideologisch-politische Linie der Partei. Womöglich nur deshalb, weil es einem bequemer ist. So geht der Sozialismus, so geht die Partei kaputt. Man muss sich die Regeln erkämpfen, die muss man durchsetzen, auch wenn es noch so schwer ist. Und wenn Probleme auftreten, muss man mit Kritik und Selbstkritik die Probleme lösen. So haben wir das immer gehandhabt. Ich bin schon seit 56 Jahren dabei und ich weiß, dass man alle Probleme lösen kann. Dazu haben wir das nötige Instrumentarium. Aber man muss dazu bereit sein, sich zu verändern und bestimmte persönliche Vorlieben zurückzustellen.

Das fängt schon bei der Berufswahl an. Wir haben so schlaue Genossinnen und Genossen. Mit einer Zwölfjährigen habe ich gestern über das Buch „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“ gesprochen. Sie hat das Buch studiert. Ich selbst habe bis 14 Jahre überhaupt nie ein Buch gelesen, ich bin im Wald und auf dem Sportplatz rumgerannt. Wir haben sehr schlaue Leute. Aber was macht ihr mit eurer Schlauheit? Müsst ihr unbedingt aufs Gymnasium, weil ihr dann mit dem Abitur bessere Studienchancen kriegt? Oder müsst ihr überhaupt unbedingt ein Uni-Studium machen und sucht dann einen gut bezahlten Job? Warum eigentlich? Warum sind denn die schlausten Köpfe nicht dort, wo der Klassenkampf entschieden wird – nämlich in den Großbetrieben, wo das Industrieproletariat ist und wo entschieden wird, ob eine Revolution siegreich ist? Warum studiert ihr denn Sozialwesen, Sozialpädagogik oder Soziologie? Das sind doch alles Studiengänge, die das System aufrechterhalten sollen. Beteiligt euch doch nicht an der Aufrechterhaltung des Systems, sondern macht mit dem ganzen Leben das, womit ihr eure Träume verwirklichen könnt.

Ich sehe das kritisch, wenn die Eltern ihre Kinder betüddeln. Eltern, macht das nicht! Eure Kinder sollen doch selbstständig denkende und handelnde Menschen werden und nicht verwöhnte Blagen. Diese Erziehung führt nicht zum Sozialismus, sondern zur kleinbürgerlichen Denkweise. Ich freue mich, dass viele Jugendliche hier sind, aber wir müssen noch viel mehr an uns arbeiten.

Auf internationalen Konferenzen wurde ich immer wieder gefragt, wie viele Kinder ich habe. Ich habe immer geantwortet, „ungefähr 3 Milliarden“. Die Genossen sagten dann, „nein, ich meine eigene Kinder“. Ich antwortete ihnen: „Das sind meine eigenen Kinder, die habe ich zwar nicht gezeugt, aber ich muss doch keine persönlichen Kinder haben und keine Familie gründen, um revolutionäre Arbeit zu machen.“ Früher gab es tatsächlich die Auffassung, dass die Kommunisten möglichst viele Kinder haben müssen, weil man dann möglichst viele Kommunisten kriegt. Das ist ein Unsinn. Die Erfahrung hat sich längst erledigt, 92 Prozent der Kinder von Genossinnen und Genossen sind letztendlich gar nicht bei uns organisiert. Letztlich entscheidet die Denkweise, wo man landet. Man muss sich schon als Jugendlicher entscheiden.

Ich habe mich mit 14 Jahren entschieden: „Ich werde mal Berufsrevolutionär“, nachdem meine Oma mir gesagt hatte, ich muss „Wie der Stahl gehärtet wurde“ lesen. Sie war seit 1895 organisiert, erst in der revolutionären SPD, dann bei Liebknecht und Luxemburg im Spartakus-Bund und war im Faschismus zwölf Jahre in der illegalen Arbeit. Sie war Marxistin-Leninistin bis zum Schluss und hat die Mao-Zedong-Ideen verteidigt. Sie ist aus der KPD ausgetreten nach der Restauration des Kapitalismus in der DDR und hat sich die Mao Zedong Ideen zu eigen gemacht. Sie sagte mir im Alter von 88 Jahren: „Junge, du musst nicht nur im Wald rumrennen und Fußball spielen, du musst dich auf den Hintern setzen und und lernen, deinen Kopf zu gebrauchen.“ Ich war ein ziemlich schlechter Schüler. Ich habe meine mittlere Reife mit 4,1 abgeschlossen. „So ein Dummkopf“, würden manche dummen Leute sagen. Aber ich habe mich hingesetzt und mir gesagt: „Wenn ich Berufsrevolutionär werden will, muss ich lernen, dafür muss ich auch Bücher studieren.“

Ich musste erst mal Hochdeutsch lernen. Deutsch hatte ich mit einer fünf in der Schule abgeschlossen. Heute kann ich Bücher schreiben, weil ich mich selbst verändert habe, weil ich eingesehen habe, dass es wichtig ist. In der Schule habe ich es einfach noch nicht eingesehen, warum ich mich hinsetzen soll und Schulsachen machen, wo es doch interessantere Sachen gab. Da muss man sich selbst verändern, selbstkritisch sein und muss sich zurücknehmen können. Die Fähigkeit, sich zurückzunehmen, ist eine wichtige Eigenschaft eines Revolutionärs. Denn man muss sich für die Sache einsetzen, alles geben was man kann, damit die Sache vorangeht. Da muss die Familienplanung zurückstehen, da muss man beruflich nicht unbedingt Doktor der Philosophie werden – man muss einfach am richtigen Platz alles geben und alles tun, was nötig ist.

Ich freue mich über euch, gebe euch aber auch diese Hinweise, wie man zu einer wirklichen sozialistischen Jugendbewegung wird, die letztlich auch eine praktische Avantgarde der Revolution werden wird.

Glückauf!

1 www.deutschlandfunkkultur.de/wider-die-scheinbaren-naturgesetze-der-oekonomie-100.html, 22.7.2013

2 Stalin Werke, Bd. 15, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, S. 293/294

4 Willi Dickhut, „Wirtschaftsentwicklung und Klassenkampf“, S. 9/10

6 www.bundesregierung.de, Energie und Klimaschutz, 24. 2. 2023

7 „Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“, 23. 8. 1915, Lenin, Werke, Bd. 21, S. 344 / 345

8 Aufruf Inter-Bündnis Essen, Erste Fassung, April 2024

9 G. Dimitroff, VII. Weltkongreß, Ausgewählte Schriften, Bd. 2, S. 525

10 Willi Dickhut, „Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD“, S. 241

11 Stefan Engel, Gabi Fechtner, Monika Gärtner-Engel, „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“, S. 433 /434

12 Stalin Werke, Bd. 15, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, S. 294

13 Willi Dickhut, „Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion“, S. 546

14 Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung, S. 300

15 Ebenda, vgl. S. 547

16 Stefan Engel, Gabi Fechtner, Monika Gärtner-Engel, „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“, S. 445

17 Ebenda, S. 446

18 Ebenda, S. 425