Das Buch behandelt also einen erweiterten Kulturbegriff?
Das wichtigste bei der kritischen Betrachtung der Kultur ist, dass auch die Kultur klassenmäßig geprägt ist. Es gibt eine bürgerliche Kultur und es gibt eine proletarische Kultur. Es gibt auch eine kleinbürgerliche und eine kleinbäuerliche Kultur.
Wenn wir die bürgerliche Kultur betrachten, müssen wir beachten, dass diese auch eine fortschrittliche Seite hat, die vor allem auf die Zeit der Aufklärung zurückgeht. In dieser Zeit sind zum Beispiel die modernen Naturwissenschaften entstanden, die einen großen Anteil für die Entwicklung des Sozialismus zu einer wirklichen Wissenschaft hatten und allgemein einen ungeheuren kulturellen Reichtum der Menschheit hervorgebracht haben. Aber auch heute entstehen aus den Massen positive kulturelle Errungenschaften, das Bedürfnis nach Solidarität, Zusammenkommen, ausgelassen zu feiern usw. Dem muss die bürgerliche Kultur zum Teil auch entgegenkommen.
Das alles muss man verteidigen gegen eine kulturelle Dekadenz, die selbst diese Errungenschaften der bürgerlichen Kultur infrage stellt. Dazu haben wir auch einen Extraabschnitt, der die vier Hauptformen der bürgerlichen Dekadenz im Kulturbereich behandelt: den Sexismus, die Drogen, die Neubelebung der faschistisch-rassistischen Kultur und nicht zuletzt die zersetzende Wirkung der Laissez-faire-Philosophie. Alle vier haben enorme destruktive Auswirkungen in der Arbeiterbewegung und vor allem der Jugend.
Es ist wichtig, dass wir uns sehr gründlich und dialektisch mit der Kritik an der bürgerlichen Kultur beschäftigen. Viele Elemente der bürgerlichen Kultur gehen auch in die proletarische Kultur ein. Die proletarische Kultur ist aber zugleich schöpferisch, weist auf die Zukunft und entwickelt ein Menschenbild frei von Ausbeutung und Unterdrückung in der Einheit von Mensch und Natur und entsprechend dem kommunistischen Freiheitsideal.
Auch wenn die proletarische Kultur heute weitgehend aus dem öffentlichen Leben verdrängt ist, so gibt es doch auch eine ganze Reihe neuer Ansätze der proletarischen Lebenskultur, die es zu fördern gilt. Auch merkt man verschiedenen fortschrittlichen Kulturschaffenden an, wie sie auf Elemente der proletarischen Kultur zurückgreifen, weil sie damit heute verstärkt Massenwirkung erreichen können.
Ohne eine entsprechende Kulturarbeit unter den Massen wird es nicht gelingen, die entscheidende Mehrheit des Industrieproletariats für den Sozialismus zu gewinnen und die breiten Massen in den revolutionären Kampf gegen den Imperialismus einzubeziehen.