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Die Neuorganisation der internationalen Produkti­on und die Entstehung neuer imperialistischer Länder

Die neokolonial abhängigen Länder mussten für die internationalen Monopole mit billigen Arbeitskräften Halbfertigprodukte erzeugen, ihnen ihre Rohstoffe billig verkaufen oder wurden gezwungen, bestimmte Waren abzunehmen. Auch militärisch hielten imperialistische Mächte sie eng an der Leine. Sie zwangen ihnen kostspielige Rüstungskäufe auf und führten sie straff durch Militärberatung, Einbeziehung in Militäraktionen oder die Bildung von »Militärbündnissen«.

Der Großteil des aus den Industrie- und Landarbeitern dieser Länder herausgepressten Mehrwerts landete in den Kassen der internationalen Monopole. Wegen ihres Kapitalmangels mussten die neokolonial abhängigen Länder teils enorme, kaum rückzahlbare Kredite bei den monopolistischen Großbanken im Ausland aufnehmen. Die Folge war eine gigantische Verschuldungskrise, die sich zu einer tiefen Krise des Neokolonialismus auswuchs. Der Anteil der neokolonial abhängigen Länder an der Weltbevölkerung stieg von 1980 bis 1989 von 74 auf 76 Prozent. Der von ihnen erwirtschaftete Anteil am Weltsozialprodukt ging jedoch gleichzeitig von 23 auf 17 Prozent zurück.11

Die imperialistischen Länder antworteten darauf Anfang der 1990er-Jahre mit der Politik des Neoliberalismus. Damit wollten sie den Rückwirkungen dieser Krise entgegenwirken und ein weiteres Wachstum der Märkte in den neokolonial abhängigen Ländern anschieben. Das Ergebnis: Die Volkswirtschaften dieser Länder wurden noch vollständiger dem internationalen Prozess der Produktion und Reproduktion der imperialistischen Länder und internationalen Monopole unterworfen. Damit entstanden auch neue Märkte und Anlagemöglichkeiten für das überschüssige Kapital der internationalen Monopole.

Das wesentliche Mittel war seit Mitte der 1980er-Jahre die Privatisierung staatlicher Betriebe. Von 1992 bis 2001 wurden allein in Lateinamerika über 1000 Staatsunternehmen verkauft, für einen Erlös von insgesamt circa 150 Milliarden US-Dollar.12 In dem Buch »Götterdämmerung über der neuen ›Weltordnung‹« schrieben wir 2003:

»In der Privatisierung und im Ausverkauf der Staatsbetriebe an die internationalen Mono­pole offenbart sich der Kern der Neu­organisation der internationalen Produktion in den neoko­lonialen Ländern. Das Ausmaß dieses Ausverkaufs kommt in dem gigantischen Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen zum Ausdruck. Die internationalen Monopole steigerten ihre Investitionen in diesen Ländern von 115 Milliarden US-Dollar im Jahr 1980 auf 1206 Milliarden US-Dollar im Jahr 2000, also mehr als das Zehnfache.« (S. 390)

Heute prägen 114.000 internationale Monopole mit rund 900.000 Tochterfirmen, davon etwa 500 internationale Übermonopole als führende Schicht des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals, das Gesicht der Weltwirtschaft13. Das ist eine monopolistische Ausprägung der kapitalistischen Produktion in ungeheurem Ausmaß.

Die Neuorganisation der internationalen Produktion seit den 1990er-Jahren forcierte enorm den Prozess der Bildung einheimischer Monopole in den neokolonial abhängigen Ländern.

Zwischen 1980 und 2015 vergrößerte sich der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt. In Indien stieg er von 24,3 auf 29,6, in der Türkei von 23,8 auf 26,5 Prozent. In China allerdings sank der Anteil von 48,1 auf 40,9 Prozent. Doch ein Rückgang der Industrieproduktion ist daraus keineswegs abzulesen. Vielmehr ist ein immer größerer Teil der Industriearbeiter gezwungen, den Lebensunterhalt in ausgelagerten Betrieben, in Werkunternehmen, als Leiharbeiter, Kontraktarbeiter, Saisonarbeiter usw. zu verdienen. Vielfach werden sie dann in der Statistik irreführend als »Dienstleister« gezählt. Die Mehrheit der Berufsgruppen des »Dienstleistungsbereichs« gehört jedoch zur Arbeiterklasse im engeren oder weiteren Sinn. Der Beitrag dieses Sektors zum Bruttoinlandsprodukt ist in China geradezu explodiert: von 22,3 auf 50,2 Prozent. In Indien stieg er von 40,3 auf 53,0 Prozent, in der Türkei von 49,7 auf 65,0 und in Russland von 33,0 auf 62,7 Prozent.

Der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt ging durch diese Entwicklung jeweils erheblich zurück. Zwischen 1980 und 2015 sank er in China von 29,6 auf 8,8 Prozent, in Indien von 35,4 auf 17,5 Prozent, in der Türkei von 26,5 auf 8,5 oder in Russland von 16,8 auf 4,6 Prozent.14

So setzten die internationalen Monopole eine neue Stufe der Konzentration des Kapitals und der Internationalisierung im Agrarsektor durch. Sie umfasste die Agrarchemie, die Landmaschinenindustrie, die Vorherrschaft der industriellen Agrarproduktion, die Nahrungsmittelindustrie und den Lebensmittelhandel. Die neu entstandenen einheimischen Monopole nahmen den Konkurrenzkampf um die Versorgung der großen einheimischen Märkte auf. JBS in Brasilien, 1953 als kleiner Schlachtbetrieb gegründet, wuchs auf agrar-industrieller Grundlage in den 1990er-Jahren zum zentralen Fleischversorger Brasiliens und stieg bis 2010 zum weltgrößten Fleischproduzenten auf.15

Besonders deutlich werden die Veränderungen der sozialökonomischen Struktur am sprunghaft gewachsenen Anteil der Stadtbevölkerung: In den 14 wichtigsten neuimperialistischen Ländern stieg er von 30,3 Prozent 1980 auf 52,0 im Jahr 2014.16

Die Monopolisierung der kapitalistischen Weltwirtschaft betrifft Produktion, Handel, Verkehr und Kommunikation, alle Sparten der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Sie fußt auf der Internationalisierung des Finanzwesens, die ihrerseits wesentliches Ergebnis der ungeheuren Konzentration und Zentralisation des Kapitals ist.

Die Neuorganisation der internationalen Produktion seit den 1990er-Jahren hat die Ausbildung der Arbeitskräfte für die moderne Industrieproduktion weltweit standardisiert und einen internationalen Arbeitsmarkt geschaffen. Sie erstreckt sich immer mehr auch auf Teile der Produktion und Reproduktion des menschlichen Lebens wie das Gesundheits- und Erziehungswesen, die durch die Privatisierung in die Hände von internationalen Monopolen eine industrielle Produktionsweise annahmen.

Im Zuge der Privatisierung entstanden und stärkten sich auch einheimische Monopole, die zunehmend eigene Ziele verfolgten. In Brasilien wurde der Bergbaukonzern Companhia Vale do Rio Doce 1997 privatisiert. Vale ist heute Weltmarktführer im Handel mit Eisenerz.17 Der Staatsanteil des südkoreanischen Stahlkonzerns Posco wurde Anfang der 1990er-Jahre schrittweise verringert. 2015 war Posco der viertgrößte Stahlkonzern der Welt.18

Die Masse der neokolonialen Länder wurde ruiniert. Das führte bis zur Zerstörung ihrer selbständigen indus­triel­len
Basis und zum Zerfall zahlreicher Natio­nalstaaten. Doch ein anderer Teil der neokolonial abhängigen Länder entwickelte sich zu neuimperialistischen Ländern. Wie war das möglich? Lenin entdeckte als allgemeines Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise:

»Unter dem Kapitalismus ist ein gleichmäßiges Wachstum in der ökonomischen Entwicklung einzelner Wirtschaften und einzelner Staaten unmöglich«.19 Er zog die Schlussfolgerung: »Die Machtverhältnisse ändern sich aber mit dem Gang der ökonomischen Entwicklung20

1.Von der einseitigen Abhängigkeit zur gegenseitigen Durchdringung der heimischen Monopole mit dem internationalen Finanzkapital

Immer mehr neokolonial abhängige Länder wurden immer vollständiger eingebunden in die globale Produktion und Reproduktion der internationalen Monopole. Das verstärkte die gegenseitige Durchdringung von nationalen und internationalen Monopolen.

Das äußerte sich besonders in den grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen. Zwischen 1999 und 2007 vollzogen Monopole aus den sich herausbildenden neuimperialistischen Ländern bereits 66 grenzüberschreitende Übernahmen. Mit jeweils mindestens einer Milliarde US-Dollar kauften sie weltweit internationale Monopole auf: Monopole aus China führten 12 Übernahmen durch, Monopole aus den Vereinigten Arabischen Emiraten 11, aus Mexiko und Brasilien je 7, aus Südafrika 6, aus Saudi-Arabien und Russland je 4, aus Indien, Indonesien und Südkorea je 3, aus der Türkei und Argentinien je 2, und Monopole aus dem Iran und Katar je eine Übernahme.21

Die internationalen Übermonopole produzierten seit der Neuorganisation der internationalen Produktion hauptsächlich im Ausland. Sie sind deshalb abhängig von monopolfreundlichen Gesetzgebungen und Regularien: bei Patentverfahren, Besteuerung, moderner Infrastruktur, gut ausgebildeten Arbeitskräften, günstigen Bedingungen zur »ruhigen Ausbeutung« der Massen und der natürlichen Ressourcen im internationalen Maßstab. Das setzen vor allem Weltbank, IWF, WTO (Welthandelsorganisation) und ILO (Internationale Arbeitsorganisation) gegenüber den einzelnen Ländern durch.

Durch diesen Prozess gleichen sich die konkreten Produktions- und Austauschweisen im imperialistischen Weltsystem relativ an. Das befördert die internationale Konkurrenz, und es ist jedoch auch eine wesentliche gesellschaftliche Bedingung für die Vereinigung der internationalen revolutionären und Arbeiter- und Volksbewegung.

2.Der Weg aus der neokolonialen Abhängigkeit vom Imperialismus zur Selbständigkeit als neuimperialistische Länder

Solange die nationalen Monopole der Neokolonien ökonomisch und politisch nicht stark genug waren, aus dem Schatten der internationalen Monopole der imperialistischen Länder herauszutreten, konnte man von einer wirklichen politischen Unabhängigkeit nicht sprechen. Mit dem Wachstum der Stärksten unter ihnen, der zunehmenden Abnabelung von inter­na­tio­nalen Monopolen aus dem Ausland und beginnendem eigenen Kapitalexport begannen sie, den Spielraum der formalen politischen Unabhängigkeit zu nutzen und den heimischen Nationalstaat mehr und mehr auch den eigenen Interessen unterzuordnen.

In Südkorea brachten demokratische Massenproteste 1987 die US-hörige Militärdiktatur zu Fall. Das unterhöhlte auch die neokoloniale Abhängigkeit von den USA. Seit Jahrzehnten hat­ten sich in Südkorea kapitalistische Familiendynastien, genannt Chaebols, entwickelt – eine Verflechtung verschachtelter Mischkonzerne. Sie rekrutierten nun Bürokraten aus der Regierung und Militärs, organisierten über den Staat ihre Kontrolle über die Banken und begannen, sich den Staats­apparat unterzuordnen und mit ihm zu verschmelzen.22

In Südafrika wurde Anfang der 1990er-Jahre das faschistische, rassistische Apartheidsregime gestürzt. Danach wandelten die Monopole die staatliche Industrieentwicklungsgesellschaft »Industrial Development Corporation« mehr und mehr um in ein Instrument für ihre Expansion in andere Länder.23

Die letztlich entscheidende Voraussetzung, um sich zu neuimperialistischen Ländern zu entwickeln, war die Existenz staatsmonopolistisch-kapitalistischer Strukturen. Am besten konnten die sich aus den Strukturen von Militärdiktaturen oder von bürokratisch-kapitalistischen Ländern entwickeln.

Eine besondere Rolle bei der Entstehung staatsmonopolistischer Strukturen spielten die internationalen imperialistischen Organisationen IWF und Weltbank. Angesichts der horrenden Verschuldungskrise diktierten sie rigorose »Strukturanpassungsprogramme«, um die Krisenlasten auf die Arbeiter und die breiten Massen abzuwälzen. Sie waren verbunden mit weitreichenden Krediten, Subventionen oder »Hilfen« an die jeweiligen Staaten beim Aufbau einer eigenen Verwaltung und eines Militär- und Polizeiapparats – nicht zuletzt zur Niederhaltung der Arbeiterklasse und der Revolutionäre.

Im Übergang von neokolonialen zu neuimperialistischen Ländern haben diese staatsmonopolistischen Strukturen eine Besonderheit: Sie ordnen den Staat sowohl den Interessen der einheimischen Monopole unter als auch denen des internationalen Finanzkapitals. Aus dieser spezifischen Konstellation erwächst auch die zeitweilige Instabilität der jeweiligen Staaten und ihrer Regierungen.

3.Die Krise des Neokolonialismus untergräbt die Alleinherrschaft der alten Imperialisten

Der Neoliberalismus konnte die Haushalts- und Verschul­dungskrisen der neokolonialen Länder nur zeitweilig dämpfen. Sie brachen erneut aus, und noch vor der Jahrtausendwende mündeten sie in einer neuen Krise des Neokolonialismus tiefer und umfassender noch als die Anfang der 1980er-Jahre. Sie entwickelte sich auf der Basis der Neuorganisation der inter­nationalen Produktion und wurde zur Vorläuferin der Weltwirtschaftskrise 2001–2003.

Im Jahr 2000 waren die beim internationalen Finanzkapital höchstverschuldeten Länder, jeweils in Milliarden US-Dollar: Brasilien 238,0; Mexiko 150,3; Argentinien 146,2; Indonesien 141,8; Südkorea 134,4; Türkei 116,2 und Indien 99,1.24

Die chronisch werdende Überakkumulation des Kapitals machte es den internationalen Monopole immer schwerer, Maximalprofit bringende Anlagemöglichkeiten zu finden. Deshalb gingen sie mit Beginn der 1990er-Jahre dazu über, ihre Investitionstätigkeit zu einer Neuorganisation der internationalen Produktion zu verändern:

Lange Zeit hatten die Imperialisten darauf geachtet, dass in den neokolonial abhängigen Ländern vor allem Halbfertigprodukte, Rohstoffe usw. produziert und exportiert wurden. Nun aber sahen sie sich gezwungen, ihre eigenen Fertigungen auch in neokolonial abhängige Länder zu verpflanzen – zumindest in die Zentren der internationalen Produktion. Und das auf demselben Niveau wie in den imperialistischen Ländern. Durch eine Produktion auf höchstem Niveau entwickelten sich sprunghaft neue Märkte: Gefragt war ein System ortsnaher Zulieferer, neue Infrastruktur, ausgebildete Arbeitskräfte, Versorgung mit Wohnraum und Lebensmitteln. Davon profitierte auch die Kapitalkraft der einheimischen Monopole, die sich mehr und mehr am Aufkauf ehemaliger Staatsbetriebe beteiligten, bei der Bildung von Joint Ventures und zunehmend auch an Fusionen und Übernahmen.

Die Folgen der Verschuldungskrise hatten vor allem die Arbeiterklasse und die breiten Massen zu tragen. Ein sprunghafter Anstieg der Lebenshaltungskosten führte in einigen Ländern zu einer dramatischen Verschlechterung der Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse und forderte diese zum aktiven Widerstand heraus. Die imperialistischen Länder sahen sich Anfang des neuen Jahrtausends mit einem Aufschwung von Massenkämpfen konfrontiert, zunächst in Lateinamerika und einigen asiatischen Ländern. Sie richteten sich zunehmend unmittelbar gegen das internationale Finanzkapital.

Besonders seit dem Volksaufstand Argentinazo im Dezember 2001 entwickelte sich eine revolutionäre Gärung, die in ganz Lateinamerika um sich griff. Die neoliberale, neokoloniale Politik erwies sich als in der bisherigen Weise nicht mehr durchführbar. Und die Massen in den betreffenden Ländern waren nicht mehr bereit, Ausplünderung und Unterdrückung in der bisherigen Weise hinzunehmen.

Deshalb arrangierten sich die Herrschenden zeitweilig mit den Linksregierungen in Venezuela, Argentinien, Ecuador, Brasilien oder Bolivien, um die revolutionäre Glut mit dem bürgerlichen Parlamentarismus auszulöschen. Sie schufen Spielräume für die Wahl neuer Hoffnungsträger in Form »linker« Regierungen. Objektiv trug dazu auch Hugo Chavez’ oppor­tunistisches Konzept des »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« in Venezuela bei, das zeitweise großen Einfluss unter den Massen in Lateinamerika erreichte.

2003 trat Lula da Silva, ehemaliger Streikführer gegen den VW-Konzern, sein Amt als Präsident Brasiliens an. Es umgab ihn die Hoffnung, er würde sich für eine »gerechte Weltordnung« einsetzen, an deren Gestaltung der Süden beteiligt werden müsse. Seine Regierung trieb den Ausbau des lateinamerikanischen Wirtschaftsbündnisses Mercosur25 zu einem ökonomischen Machtblock voran. Brasilianische Monopole wurden darin die dominierende Kraft. Zwischen 2002 und 2011 konnte Mercosur seinen Anteil am Bruttoinlandsprodukt der Welt mehr als verdoppeln, von 1,8 auf 4,4 Prozent. Über 80 Prozent davon entfielen auf Brasilien. 2010 fädelte die Regierung Lula da Silva die größte bis dahin getätigte Kapitaltransaktion ein, der Petrobras-Konzern führte sie für rund 79 Milliarden US-Dollar durch.26 Petrobras wurde Weltmarktführer in der Förderung von Erdöl und Erdgas aus Tiefseebohrungen.27

In Südafrika führten die Arbeiterklasse und die Volksmassen einen jahrzehntelangen heldenhaften Kampf gegen die Apartheid. Diese faschistische Herrschaftsform war auch für die internationalen Monopole immer mehr zu einem Hindernis geworden. In jahrelangen Gesprächen und Abkommen mit der revisionistischen südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) und dem Führer des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Nelson Mandela, bereiteten die Imperialisten den Übergang zu einer bürgerlichen Demokratie vor. Dies sollte die fortschreitende Revolutionierung der Massen stoppen und das Land für ihre Geschäfte öffnen.

Das neuimperialistische Südafrika wurde ein Zentrum der Neuorganisation der internationalen Produktion und der internationalen Investitionen. Im Jahr 2010 hatten bereits 231 Muttergesellschaften multinationaler Unternehmen und 675 Tochtergesellschaften ihren Sitz in Südafrika.28 Mithilfe eines komplexen Netzes an Verflechtungen der ANC-Regierung mit dem allein herrschenden internationalen Finanzkapital, Joint Ventures, Fusionen, Übernahmen usw. bildeten sich staatsmonopolistische Herrschaftsstrukturen heraus und international agierende südafrikanische Mineralöl-, Bergbau- oder Bankmonopole.

Der ANC räumte den internationalen Übermonopolen neue Freiheiten ein zur Ausbeutung der schwarzen Arbeiterklasse Südafrikas. Die Aufnahme von Führern der Gewerkschaften in die Regierung wurde mit einem besonderen Pakt der Klassenzusammenarbeit verknüpft: Die Gewerkschaften sollten demnach auf Streiks verzichten und aufkeimende Streiks unterbinden und an ihrer Unterdrückung mitarbeiten. Aber die Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiterklasse und der gesamten schwarzen Bevölkerung in den Townships führte seit 2013 zu einer ganzen Reihe bedeutender selbständiger Streiks und Demonstrationen. Sie beendeten den staatlich verordneten »sozialen Frieden«.

Nicht zufällig vollzog sich der Übergang zum Neuimperialismus gerade unter diesen sich links gebenden, reformistischen Regierungen. Die Vereinigung der Macht des heimischen Monopolkapitals mit der staatsmonopolistischen Macht des Nationalstaats war dafür die entscheidende innere Voraussetzung.