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Armes Opfer oder aus allen Rohren gefördert?

Auffällig ist: Hunderttausende gehen für die Zukunftsinteressen der Menschheit auf die Straße.  Allein 1,4 Millionen Menschen in Deutschland – besonders Jugendliche – demonstrierten am 20. September 2019 bei „Fridays for Future“ für den Umweltschutz. Das Internationalistische Bündnis mit 39 Trägerorganisationen und über 30 000 Einzelpersonen, in dem auch die MLPD mitwirkt, entwickelt sich zum Motor einer kämpferischen Opposition gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und sämtlicher bürgerlicher Par­teien.

In ihrer Selbstinszenierung spielt die AfD sich oft als Märtyrer auf, sie werde wegen ihres Protests ach so sehr unterdrückt. Macht es da nicht nachdenklich, warum dann die AfD von sämtlichen bürgerlichen Par­teien und bürgerlichen Medien als angebliche Protestpartei gehandelt wird? Kein Tag vergeht ohne riesige Artikel und Studien über die AfD, ohne Fernsehauftritte, kaum eine Talkshow findet ohne sie statt. Stets wird sie immer in einem Atemzug damit genannt, dass die Menschen das Vertrauen in die etablierte Poli­tik verloren haben. Als ob die AfD die Antwort darauf wäre. Dabei ist sie nur ein besonders widerwärtiges Ergebnis der Krise der bürgerlichen Gesellschaft.

Ursprünglich als Anti-Euro-Partei von Wirtschaftsprofessoren und Monopolvertretern gegründet, war die AfD mit drei Prozent in den Umfragen im August 2015 schon fast wieder verschwunden11. Dann setzte ab dem Herbst 2015 mit der Rechtsentwicklung der CDU/CSU/SPD-Regierung und aller bürgerlicher Par­teien der Rückenwind für die AfD ein. Angesichts von damals 60 Millionen Flüchtlingen weltweit wurde massenhaft die Suche nach den Ursachen aufgeworfen. Unter einer großen Anzahl von Menschen verstärkte sich die Kapitalismuskritik, und eine fortschrittliche Flüchtlingspolitik wurde gefordert. Neun Millionen Menschen engagierten sich in unterschiedlicher Form ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe.

Zugleich ging die Bundesregierung zu einer neuen Stufe der reaktionären Flüchtlingspolitik über, mit Abschottung und verschärfter Abschiebung. Spitzenpolitiker von CSU, CDU und SPD, bis hin zu einzelnen führenden Repräsentanten der Grünen und der Linkspartei, übertrumpften sich in fremden­feindlicher Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. „Wir haben in der Flüchtlingspolitik im Freistaat ­Bayern derzeit einen Ausnahmezustand. Es sind alle Regeln mehr oder weniger außer Kraft“  12, machte Innenminister Horst Seehofer Stimmung. Das zog lange nicht so massenhaft wie erwünscht, und die überwiegend solidarische Stimmung hält bis heute an. Erst mit einer bis dahin beispiellosen Hetzkampagne angesichts der Ereignisse in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 gelang es, die solidarische Stimmung unter einem Teil der breiten Massen zu verunsichern und mit der Hetze zeitweise zu landen. Als Hohn auf jede notwendige Kritik an frauenfeindlichem und sexistischem Verhalten wurde eine rassistische Medienkampagne aufgebauscht, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu schaffen. Derartige Kampagnen machten die rassistische Hetze hoffähig, und sämtliche bürgerliche Parteien gingen deutlich nach rechts. Auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann blies ins gleiche Horn: „Das Gefährlichste, was die menschliche Evolution hervorgebracht habe, seien ,junge Männerhorden‘.“ 13

Die Frauenbewegung ließ sich nicht instrumentalisieren und demonstrierte gegen Sexismus und Rassis­mus. Bis heute ist die deutliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung solidarisch gegenüber Flüchtlingen eingestellt. Aber in diesem Klima gedieh die AfD, und ihre führenden Vertreter kamen im Fernsehen vor einem Millionenpublikum mit ihrer rassistischen Hetze zu Wort. Im Monat vor der Bundestagswahl 2017 entfielen in politischen Sendungen bei ARD und ZDF auf die AfD die meisten Sendeanteile, sowohl in der Kategorie Parteien als auch Politiker – vor allen Bundestagsparteien! Und das, obwohl die AfD damals noch nicht im Bundestag war – zugleich wird die MLPD seit Jahren unter anderem mit eben dieser Begründung aus jeglicher TV-Bericht­erstattung ausgeblendet.

Bereitwillig fungiert die AfD als Vorbeterin der ultrarechten Scharfmacher. Die Aussage von Günter Lenhardt, AfD: „Dem Flüchtling ist es doch egal, an welcher Grenze, an der griechischen oder an der deutschen, er stirbt“  14, bringt menschenverachtend zum Ausdruck, was die praktische Politik der imperialistischen EU in dieser Zeit betrieb: Europa abzuschotten, die Menschen zur Flucht über das Mittelmeer zu zwingen, weil alle Landwege versperrt wurden, sie in unmenschlichen Lagern in Griechenland oder Italien vegetieren zu lassen. Seit 2014 bis 2019 kamen 18 788 Menschen im Mittelmeer ums Leben oder gelten als dort vermisst.15

Schluss damit, der AfD in den bürgerlichen Medien den roten Teppich auszurollen! Freier Zugang aller Demokraten, Linken und Revolutionäre zu den Massenmedien!