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EU und Militarisierung

Am 26. 5. 52 wurde der Deutschlandvertrag (auch als Generalvertrag oder Bonner Konvention bezeichnet) zwischen USA, Großbritannien, Frankreich und der BRD unterzeichnet, der Mai 1955 in Kraft trat. Damit wurde Westdeutschland in die militärischen Pläne der USA gegen die Sowjetunion und die DDR einbezogen und durch geheime Zusatzabkommen militärisch auf einen Krieg gegen den Osten vorbereitet. Darum wurde der Vertrag auch „Generalkriegsvertrag“ genannt. (...)

Von 1948 bis 1970 hat sich der neudeutsche Imperialismus zu einem mächtigen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Faktor entwickelt. Noch geschah das im Schatten des USA-Bündnisses unter Führung des amerikanischen Imperialismus, aber die Bestrebungen zur selbständigen imperialistischen Politik werden immer stärker.

(Willi Dickhut: Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD, Revolutionärer Weg Nr. 16, 1977, S. 148/149)



Als zweitgrößter Machtblock auf der Welt hat sich die EU zum Hauptkonkurrenten der USA entwickelt. Um ihre Ansprüche weltweit durchzusetzen, muss sie auch das entsprechende militärische Potential in die Waagschale werfen können. Die 1954 als »europäischer Pfeiler« der NATO gegründete Westeuropäische Union (WEU) wurde in den 1990er Jahren schrittweise in die EU integriert. 1992 übertrug die EU der WEU in der »Petersberg-Erklärung« militärische Aufgaben: von »humanitären« Einsätzen bis zu Kampfeinsätzen in »Krisengebieten«. Für die WEU-Mitglieder, die nicht auch EU-Mitglieder sind, bleibt künftig als besondere Funktion lediglich die Beistandsverpflichtung im Fall eines Angriffs von außen.

Die führenden europäischen Imperialisten haben begonnen, feste gemeinsame Strukturen des militärisch-industriellen Komplexes zu schaffen. Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien gründeten 1996 die OCCAR (Organisation Conjointe de Coopération en Matière d’Armement), die Rüstungsaufträge koordinieren und im Namen der Mitgliedstaaten selbständig Verträge mit Rüstungsunternehmen schließen soll.

Die in Europa in der Rüstungsproduktion führenden internationalen Monopole bestimmen die militärpolitischen Entscheidungen der EU. So verfasste ein Beratergremium der EU-Kommission das Grundlagendokument »STAR 21« (»Strategic Aerospace Review for the 21st century«). Darin forderte die europäische Rüstungsindustrie einen abgesicherten europäischen Rüstungsmarkt und ein Ende aller Maßnahmen, die effizientes Arbeiten der europäischen Rüstungsindustrie behindern.

Zwischen den führenden europäischen Imperialisten findet ein Kampf um die Vorherrschaft im militärisch-industriellen Komplex statt. So forderten die Außenminister Deutschlands und Frankreichs, Fischer und de Villepin, ein »verteidigungspolitisches Kerneuropa« unter ihrer Führung. Diesem »Kerneuropa« sollten sich die kleineren EU-Staaten unterordnen.

Um die militärische Schlagkraft der EU abzusichern, wurden auch umfassende Maßnahmen zum Ausbau des Gewaltapparats getroffen:

• Die Vereinigung mehrerer Unternehmen zum europäischen Rüstungskonzern EADS war ein Markstein auf dem Weg zu einer europäischen Rüstungsproduktion, die mit den USA konkurrieren kann. (...)

• Der Aufbau eines zirka 60 000 Mann starken EU-Eingreifkorps bis 2003 mit einer Kommandozentrale in Brüssel. Die im November 2002 von der NATO – auf Vorschlag der US-Regierung – beschlossene Aufstellung einer 21 000 Mann starken Eingreiftruppe lässt die Konkurrenz zwischen der Supermacht USA und der EU deutlich werden, auch wenn die EU bisher nicht offen die Vormachtstellung des US-Imperialismus in Frage stellt.

Umfangreiche Rüstungsprojekte wie neue Flugzeuge für den Lufttransport (A400M) und neue Waffensysteme (Meteor-Raketen, Tiger-Hubschrauber, NH90-Hubschrauber). Die EU hat sich auch für ein eigenes Satelliten-Navigationssystem Galileo entschieden, das von 2008 an dem bereits bestehenden GPS-System der USA Konkurrenz machen soll. Das Ziel ist die selbständige Wahrnehmung imperialistischer Ziele mit militärischen Mitteln – auch in Konkurrenz zu den USA.

Dennoch bleibt die Rüstungs- und militärische Überlegenheit der USA bestehen. Die vielfältigen Abhängigkeiten schließen auf absehbare Zeit Alleingänge der EU aus. (...)

Eine gemeinsame »Verteidigungs- und Sicherheitspolitik« der EU wird auch dadurch erschwert, dass mehrere EU-Staaten nicht in der NATO sind (Finnland, Irland, Österreich, Schweden) und andererseits NATO-Staaten nicht Mitglied der EU (Norwegen, Türkei).

(Stefan Engel: Götterdämmerung über der »neuen Weltordnung«, Revolutionärer Weg, Nr. 29–31/2003, S. 516–518)



Die EU arbeitet an einer von der NATO unabhängigen europäischen Armee, in der Kanzlerin Merkel die Basis dafür sieht, dass die EU „längerfristig außenpolitisch handlungsfähiger“ werde. Das alles findet statt im Rahmen der Rechtsentwicklung vieler Regierungen in Europa und der Institutionen in der EU. Unter der Flagge, „als einiges Europa zu handeln“, wird die weitere Absenkung der Rüstungsexportkontrollen und Kleinbeschränkungen Deutschlands geplant. Pläne für eine EU-Armee werden salonfähig gemacht. Gegen drohende Farbverbote kündigte die Bundesregierung dreist die „Flexibilisierung der Grenzwerte“ für Stickstoffdioxid-Ausstoß an. Das alles muss im Europawahlkampf von uns erst so richtig ins Bewusstsein der Massen gerückt und länderübergreifend bekämpft werden.

(Interview mit der Parteivorsitzenden der MLPD, Gabi Fechtner, März 2019)