2.

2.

Die imperialistische EU, ihre undemokratischen Methoden und die reaktionäre Bürokratie im Dienst der europäischen Übermonopole

Der Präsident der EU-Kommission von 1985 bis 1994, Jacques Delors, vertrat, dass 80 Prozent aller nationalen Wirtschaftsgesetze in der EU inzwischen ihren Ursprung in Brüssel hätten. Tatsächlich hat sich mit der EU eine länderübergreifende Bürokratie herausgebildet, die maßgeblichen Einfluss auf die Gesetzgebung aller Mitgliedsländer nimmt. Entschieden wird dort nach einem entsprechend der Bevölkerungszahl und der ökonomischen Kraft festgelegten Proporz. (...)

Am wenigsten Rechte hat das EU-Parlament, das alle fünf Jahre nach nationalen Verfahren gewählt wird. Seine Aufgabe ist vor allem, der EU einen demokratischen Anstrich zu geben und die Bevölkerung an die Politik der EU zu binden.

Natürlich hat sich mit der Stärkung der EU auch das System der Einflussnahme der Monopole auf die EU-Politik verändert. Die Zahl der Firmen und Verbände, die in Brüssel Büros unterhalten, wird inzwischen auf 3 000 geschätzt. Sie beschäftigen zirka 10 000 Mitarbeiter. (...)

Selbst diese anschauliche Darlegung ist wohl noch untertrieben, wenn die Autoren den Unternehmerverbänden und den Industrie- und Handelskammern lediglich eine »gewichtige Rolle« zuschreiben. Letztlich haben sich die Organe der EU den Interessen der europäischen Übermonopole unterzuordnen. Die EU-Organe sind ebenso wie die der einzelnen Staaten mit den Organen der internationalen Monopolverbände Europas verschmolzen und setzen die Interessen dieser Übermonopole auch gegen nationalstaatliche Interessen durch.

Die Widersprüche zwischen der EU und den einzelnen Nationalstaaten widerspiegeln in der Regel die Widersprüche zwischen den in der EU dominierenden internationalen Monopolen und den Monopolen bzw. der nicht monopolisierten Bourgeoisie in den einzelnen Nationalstaaten. (...)

Mit der EU haben sich grenzüberschreitende halbstaatliche Organisationsformen herausgebildet. Sie üben immer mehr Einfluss auf nationale Regierungen aus, selbst wenn diese weiterhin die Oberhoheit über die Politik ihrer Staaten besitzen.

Über die EU wirken die internationalen Monopole immer stärker auf die europäischen Nationalstaaten ein. Bei allen Widersprüchen und aller Konkurrenz, insbesondere zwischen den größeren Imperialisten England, Frankreich, Deutschland und Italien, wissen die EU-Länder doch, dass sie ohne ihre Vereinigung keine reale Chance gegen die großen Rivalen USA und Japan hätten.

(Stefan Engel: Götterdämmerung über der »neuen Weltordnung«, Revolutionärer Weg Nr. 29–31/2003, S. 355–362)



Die am weitesten entwickelte internationale Organisation ist die EU. Die inzwischen 27 Mitgliedsländer bildeten im Lauf der Zeit immer mehr supranationale Strukturen heraus, sodass bereits 80 Prozent der Gesetzgebung auf EU-Ebene verlagert wurden. Auch politische Fragen werden zunehmend von Organen der EU entschieden. So bekommt sie mehr und mehr den Charakter eines politischen Staatenbunds. Die einzelnen Nationalstaaten treten ihre wirtschaftliche, finanzielle und politische Souveränität tendenziell an die EU ab – und damit an die EU-weit herrschenden Übermonopole und die in der EU führenden imperialistischen Staaten.

Ob diese Entwicklung zu einem europäischen Bundesstaat, zu den Vereinigten Staaten von Europa führen kann, ist äußerst fraglich. Denn die stärksten imperialistischen Mächte Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien verfolgen oft gegensätzliche Interessen, die nur schwer und nur vorübergehend in Übereinstimmung zu bringen sind. Die EU ist von ständigem Lavieren und Feilschen, von der Suche nach pragmatischen Kompromissen geprägt, bei denen sich letztlich die Interessen der jeweils stärksten Übermonopole und Staaten durchsetzen.

(Stefan Engel: Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution, Revolutionärer Weg Nr. 32–34/2011, S. 159



Die europäischen Monopolverbände richten ihre Regierungen und die europäischen Institutionen ständig aus, ihre Profit- und Machtinteressen wahrzunehmen, und sie koordinieren ihre europaweiten Anstrengungen, ihre Klassenherrschaft aufrechtzuerhalten und die Arbeiter- und Volksbewegung zu unterdrücken.

Der European Round Table (Runder Tisch europäischer Industrieller, ERT) spielt eine führende Rolle bei den Versuchen der europäischen Monopole, ihre Aktivitäten zu koordinieren und die Entwicklung der europäischen Industrie voranzutreiben. Er kam im Frühjahr 1983 auf Initiative einiger Wirtschaftsführer wie Pehr Gyllenhammar (Volvo), Wisse Dekker (Philips) und Umberto Agnelli (Fiat) zustande. Der ERT ist geräuschlos hinter den Kulissen tätig.

(Stefan Engel: Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution, Revolutionärer Weg Nr. 32–34/2011, S. 287



Ein weiterer europäischer Monopolverband ist »Business-Europe«. Seine Vorläufer reichen bis ins Jahr 1949 zurück. Von 1958 bis Januar 2007 arbeitete er unter dem Namen UNICE (Union of Industrial and Employers’ Confederation of Europe) und benannte sich dann in »BusinessEurope« um. Der Verband zählt 40 Mitglieder aus 34 europäischen Ländern. Dazu gehören außer den 27 EU-Staaten die Schweiz, Norwegen, Island, die Türkei, Kroatien, Montenegro und San Marino. Aus Deutschland sind der BDI und die BDA vertreten. An der Spitze von »BusinessEurope« steht seit dem 1. Juli 2009 der frühere BDI-Präsident Jürgen Thumann.

Der Monopolverband verfügt über einen Apparat von sieben politischen Hauptausschüssen und 60 spezialisierten Arbeitsgruppen. Dort arbeiten 1 200 hauptamtliche Fachleute, die bei Bedarf aus den nationalen Verbänden verstärkt werden können. Dieser Apparat wirkt unmittelbar auf den EU-Apparat ein, vor allem über die 1 214 »Expertengruppen« der EU-Kommission, unter deren rund 50 000 Mitgliedern sich zahlreiche »Experten« von »BusinessEurope« wiederfinden.

Diese Gruppen sind in alle Prozesse der Beschlussfassung auf EU-Ebene von Anfang an einbezogen; sie tagen nicht öffentlich. Die Diskretion geht so weit, dass die Namen der Verbandsvertreter und der Unternehmen, auf deren Gehaltslisten sie stehen, nicht bekannt gegeben werden, wenn die EU-Behörden das für nicht ratsam halten.

(Stefan Engel: Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution, Revolutionärer Weg Nr. 32–34/2011, S. 290/291)