II. In Polen behält eine kleine Bürokratenschicht die Macht in ihren Händen
Obwohl sich die Revisionisten alle nur erdenkliche Mühe geben, um den antagonistischen Klassenwiderspruch zwischen der neuen Bourgeoisie und der Arbeiterklasse zu vertuschen, können sie doch nicht ganz an der polnischen Realität vorbei. Scheinheilig erklärt der polnische Revisionist Gulczynski vom „Institut für Grundprobleme des Marxismus-Leninismus beim ZK der PVAP“ (Polnische Vereinigte Arbeiterpartei) in Warschau:
„Paradox – der sozialistische Staat, der nicht mehr auf der Seite der Privilegien und Ausbeutung steht und seine Tätigkeit auf die Befriedigung der Bedürfnisse alle Bürger richtet – er erscheint den Menschen häufiger als 'Gegner' denn als Staat, der ihre Interessen schützt.“(IMSF, ebenda, S. 15)
In der Tat – das ist äußerst paradox. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
Entweder schätzt die Bürokratie die 7 Millionen polnische Arbeiter für so dumm ein, daß diese ihren bürokratisch-kapitalistischen Staat als „sozialistischen Staat“ abnehmen, obwohl die staatliche Polizei 1970 streikende Arbeiter auf offener Straße erschossen hat.
Oder die Arbeiter erkennen immer mehr, daß es kein sozialistische Staat ist. Dann wäre sehr wohl erklärlich, wieso sie diesen Staat der revisionistischen Bürokratenclique als Gegner ansehen.
Gulczynski weiß sehr wohl, wieso er diesen Widerspruch nicht näher ausgeführt hat. Denn sonst müßte er zugeben, daß die zunehmende Gegnerschaft der Arbeiter zu diesem Staat ein Beweis dafür ist, daß es sich nicht um den Aufbau eines sozialistischen Landes gemäß den Lehren des Marxismus-Leninismus handeln kann. Lenin wies gerade auf diesen Punkt immer wieder hin, wonach der Aufbau des Sozialismus die Einbeziehung immer breiterer Teile der werktätigen Massen erfordert:
„Hier müssen sich die Gewerkschaften am meisten einen der tiefsinnigsten und berühmtesten Aussprüche der Begründer des modernen Kommunismus überlegen, wonach, je weiter und je tiefer die Umwälzung geht, die Zahl derer sich vermehren muss, die diese Umwälzung vollziehen.“ (Referat auf dem II. gesamtrussischen Gewerkschaftskongress – 20. Jan. 1919, Werke Bd. 28 S. 430/431)
Mögen sich die polnischen Revisionisten auch noch so oft als Verfechter des „realen Sozialismus“ herausstellen. Es wird ihnen nicht gelingen, dies mit der polnischen Wirklichkeit – eines massenhaften Protests der polnischen Arbeiter nach 35 Jahren eines (angeblichen) sozialistischen Aufbaus – in Einklang zu bringen.